
7.11.2018
Die Toten in unserer Mitte
Vielen Menschen, die zum Beipiel in Münster den Dom betreten, ist nicht bewußt, daß sie über Gräber gehen. In Fußbodenplatten eingemeißelte Namen und Lebensdaten zeigen an, daß dort Bischöfe beerdigt sind. Als 1987 im Rahmen der Renovierung des Domes im Johanneschor die Fundamente für die Umsetzung der Orgel gelegt wurden, fand man dort Gräber von unbekannten Toten.
Es ist altes Brauchtum, im Haus Gottes begraben zu werden, möglichst in der Nähe des Altares, wo oft auch Märtyrer oder deren Reliquien ruhen. Lediglich in der Kathedrale von Chartres wurde nie ein Toter innerhalb der Kirche begraben.
Die Schultheologie sprach von der streitenden, der triumphierenden und der leidenden Kirche. Diesen drei Gegebenheiten entsprechen die Lebenden, die an Säulen, Wänden und in Fenstern dargestellten Engel und Heiligen und die Toten.
Die Zahl der jetzt auf Erden lebenden Christgläubigen ist wesentlich geringer als die Zahl der in Christus aus diesem Leben Verschiedenen. Auch sie gehören zur Kirche.
Wer früher zum Beispiel wegen Platzmangels nicht mehr in der Kirche begraben wurde, wollte zumindest in deren direkter Nähe auf dem sogenannten Kirchhof die ewige Ruhe finden. Es ist beeindruckend, wenn in ländlichen Gegenden, wo der Friedhof noch ein Kirchhof ist, die Angehörigen nach der Mitfeier eines Gottesdienstes die Gräber ihrer Angehörigen besuchen, bevor sie nach Hause oder auch zum Frühschoppen gehen. Heute liegen vor allem in größeren Städten die Friedhöfe meistens außerhalb des Stadtgebietes. Ob es nur Platzmangel war, der die Ruhestätte der Toten dorthin verlegen ließ? Eine Chronik der hundertjährigen Friedhofsgeschichte in Münster trägt den Titel „Vom Central-Kirchhof zum Zentralfriedhof“. In vielen Städten werden die alten Friedhöfe zu Parkanlagen umgestaltet. Weite, für ältere Menschen oft zu weite und mühsame Wege sind zurückzulegen, wenn sie die Gräber der Toten auf den nicht selten sehr weit außerhalb liegenden Friedhöfen besuchen wollen.
Manches Grab läßt sich schon nicht mehr finden, weil der Verstorbene anonym auf einem namenlosen Gräberfeld beerdigt werden wollte.
Der November hat seine Totengedenktage: Allerheiligen/Allerseelen, Volkstrauertag, Buß-und Bettag, Totensonntag; aber wir sollten nicht nur an diesen Tagen unserer Toten gedenken.
Welche Beziehung habe ich zu den Toten?