27.8.2020

25. Rosengarten (Kapitel XX)

Ein Rosengarten ist unser Leben hier auf der Erde in der Tat nicht. Wer sich einen solchen erträumt, muß enttäuscht werden. Für den Kleinen Prinzen führt der Weg von der Steinwüste zum Rosengarten. Nach der phantasielosen Phase eröffnet sich ihm eine neue Perspektive, eine Straße mit menschlicher Beziehung, Kommunikation und Partnerschaft. Im Rosengarten begegnet er seiner inneren Gefühlswelt. Die Menge der Rosen überschwemmt ihn, weil er nur seine eine geliebte Rose kennt. Er ist erfüllt von Selbstmitleid, Kränkung und Trotz, vor allem aber von der Enttäuschung, daß seine Rose nichts anderes ist als die fünftausend ihresgleichen im Rosengarten. Sie bringt ihm keine Selbsterhöhung:

„Ich glaubte, ich sei reich durch eine einzigartige Blume, und ich besitze nur eine gewöhnliche Rose. Sie [...] macht aus mir keinen sehr großen Prinzen ... Und er warf sich ins Gras und weinte.“

Er weint nicht wegen seiner Rose, sondern wegen seiner selbst. Es geht ihm in diesem Entwicklungsstand nicht um den Partner selbst, sondern um Erweiterung des Selbstbesitzes durch den Partner. Aber Liebe und Partnerschaft sind so noch nicht möglich. Lieben wir Jesus, weil unser Selbstbesitz durch ihn erweitert wird, weil er uns erfüllt und uns Selbsterhöhung bringt, oder lieben wir ihn um seiner selbst willen?

Wenn im Liebenlernen eine Fixierung auf der Stufe des Besitzens erfolgt, schließt man sich im Ich-Gefängnis ein. Um dieses zu verlassen, ist „Entwicklungshilfe“ nötig. Diese leistet dem Kleinen Prinzen gewissermaßen als geistlicher Berater der Wüstenfuchs.