
32. Sonntag im Jahreskreis C – Auferstehung (10.11.2019)
Erste Lesung: 2 Makk 7,1-2.7a.9-14
Zweite Lesung: 2 Thess 2,16-3,5
Evangelium: Lk 20,27-38
Das heutige Evangelium im Totenmonat November ist eine Botschaft des Lebens. Wir sind Zeugen eines Gespräches, das Jesus mit den Sadduzäern führt. Es geht um unsere Frage nach Sterben und Tod.
Was geschieht, wenn ein Mensch stirbt? Was kommt nach dem Sterben? Ist das Sterben ein Schlußpunkt und der Tod das Ende, oder geschieht nach dem Sterben Verwandlung zur „Auferstehung“?
Wenn Archäologen bei Ausgrabungen Werkzeuge und Waffen oder Reste von Feuerstellen finden, dann schließen sie daraus, daß dort Menschen gelebt haben. Ein ganz sicheres Zeichen dafür sind Anzeichen für Bestattungen; denn kein Tier begräbt seine Toten.
Zu allen Zeiten haben Menschen gelebt, die von dem Glauben erfüllt waren, daß der Tod nicht das Ende ist, aber auch solche, die den Glauben an ein Weiterleben und an eine Auferstehung leugneten. Zu diesen gehörten unter anderen die Sadduzäer.
Wie gehen wir heute mit solchen Fragen um? Lassen wir angesichts unserer Unsicherheit gegenüber dem Sterben und dem Tod diesbezügliche Fragen überhaupt an uns heran?
Unser Verhalten ist eigenartig: Einerseits bewahren wir uns auf Bildern und in Romanen noch die Erinnerung an eine Zeit, in der das Sterben im Familienkreis das Normale war. Heute sterben die meisten Menschen im Krankenhaus, nicht selten ohne Anwesenheit ihrer Familienangehörigen.
Andererseits kommt der Tod durch die Medien direkt zu uns ins Haus: Verkehrstote, Tote durch Kriege, durch Terror, aber auch Tote durch Hunger und Katastrophen stehen uns täglich vor Augen. Und wie oft sehen wir in Krimis und Western brutale Tötungsszenen!
Während Ärzte oft wochenlang um das Leben eines todkranken Menschen ringen, ist in vielen Ländern das Töten des menschlichen Lebens in den ersten drei Monaten erlaubt.
Wir sind stolz auf den technischen Fortschritt, und dafür setzen wir alles ein, selbst Menschenleben. Viele Menschen müssen den Fortschritt mit dem Leben bezahlen. Die zahlreichen Verkehrs- und Betriebsunfälle belegen dies; dennoch sind wir bereit, diesen Tribut zu zahlen.
Das Sterben ist hinter die Kulissen des Krankenhauses gerückt. Dort werden die Sterbenden zwar technisch bestens versorgt, aber wer kann wirkliche Sterbehilfe leisten, wenn Ärzten und dem Pflegepersonal schon in der Ausbildung Sterben als Scheitern der ärztlichen Kunst vermittelt wird. Große Hoffnung macht da die Hospizbewegung.
Und wie sieht das Verhältnis zu Sterben und Tod in unserer Kirche aus?
Während früher nicht nur in der Gesellschaft in bezug auf Traueranzeigen und Trauerkleidung zu viel Schwarz war, sondern auch in der Kirchenausstattung und der Liturgie, hat sich dies grundlegend geändert. Heute ist nur noch alles „Halleluja“, womit der Tod meines Erachtens überspielt wird.
Sicherlich leben wir im Glauben an eine Auferstehung der Toten, aber wir müssen auch den Tod ernst nehmen. Sterben ist grausam, und der Tod eines geliebten Menschen bedeutet Schmerz. Wir müssen uns auf diese Trauer einlassen und dürfen sie nicht verdrängen. Sonst kann das Leben nicht siegen.
Die Sadduzäer erfinden eine merkwürdige Geschichte, um zu beweisen, daß der Auferstehungsglaube widersinnig ist. Aber zugleich sprechen sie ein Thema an, das Bedeutsames zu folgender Frage beitragen kann: „Was von dem, was mir auf Erden lieb und teuer war, wird auch im Jenseits zu meinem Glück beitragen?“ Diese Frage gilt wohl vor allem für die menschliche Liebe.
Als gläubiger Christ bin ich der Überzeugung, daß alles, was mir auf Erden lieb und teuer ist, seine Erfüllung findet in der liebenden Begegnung mit dem Du Gottes. Das gilt für mein Gefallen an der Natur und an den Dingen, für meine Freude an den Tieren und vor allem für meine Liebe zu den Menschen.
Bei allem irdischen Glück bleibt ein Rest unerfüllter Sehnsucht. Das ist für mich der stärkste Hinweis darauf, daß der Tod nicht das Ende ist. Diese Sehnsucht kann nicht sinnlos sein.
Mein Anliegen ist, daß wir uns nicht nur theoretisch mit dem Sterben beschäftigen, indem wir lediglich darüber diskutieren; denn das Evangelium ruft uns auf, uns mit unserem eigenen Sterben und unserem eigenen Tod auseinanderzusetzen. Nichts in unserem Leben ist so sicher wie das Sterben, und zwar todsicher!
Das braucht uns nicht zu Lebensfeinden und Weltverächtern zu machen. Im Gegenteil! Erst mit der richtigen Einstellung zum Tod können wir auch eine richtige Auffassung vom Leben bekommen; denn der Tod gehört zum Leben. Meine persönliche Überzeugung lautet: „Vom Tod reden heißt vom Leben reden“.
Hilfreich sein kann uns der Glaube an „den Gott Abrahams, den Gott Isaaks und den Gott Jakobs“. Und wir möchten hinzufügen: „und an den Gott Jesu Christi.“ „Denn er ist kein Gott der Toten, sondern der Lebenden, für ihn sind alle lebendig.“
Christ sein heißt: Mit Christus leben, sterben und auferstehen!