
Weihnachten, 25. Dezember 2021
Eine seltene Darstellung zum Fest der Geburt Jesu: kein Stall, keine Höhle, kein Josef wie sooft abseits als alter Mann, kein Ochse und kein Esel, ganz zu schweigen von den Hirten und den Weisen aus dem Morgenland.
Maria wirkt erschöpft und schläft. Da springt Josef ein und nimmt das Kind in seine Arme. Josef wird oft mit dem Kind Jesus dargestellt, aber nicht mit dem Säugling.
Er hat, so verkündet es die Bibel, die schwangere Maria zu sich genommen, nachdem ihn im Traum ein Engel dazu aufgefordert hatte. Von Josef sind keinerlei Äußerungen überliefert. Er ist der große Schweiger. Bei Krippendarstellungen steht er oft am Rand, aber er ist bezogen auf die Mitte, auf Jesus. Als großer Schweiger ist er fähig, bis in den Traum auf die Stimme Gottes zu hören, und dann handelt er so, wie es von ihm gefordert wird. Das mag nicht immer mit seinen eigenen Plänen übereingestimmt haben; aber der Horchende gehorcht.
Sein stilles Tun geht weiter, als er mit Maria und dem Kind nach Ägypten flieht. Ein letztes Mal erfahren wir von ihm auf der Wallfahrt nach Jerusalem. Dort muß er sich im Tempel mit Maria die Worte Jesu anhören: „Wußtet ihr nicht, daß ich in dem sein muß, was meinem Vater gehört?“ (Lk 2,49)
Botschaft der Engel an Maria und Josef (G. M. Ehlert 2017)
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Was ist an Weihnachten wirklich geschehen?
Am Ende einer Darstellung justiert man den Anfang gerne nach. So mag es auch mit der Kindheitsgeschichte Jesu geschehen sein. Beim Evangelisten Markus kommt sie gar nicht vor, und die Berichte bei Matthäus und Lukas lassen sich kaum harmonisieren. Außerdem sind sie in ihrer historischen Wertigkeit nicht zu überprüfen.
Bei der Erschaffung des Menschen hat man das Problem erkannt. In der Weihnachtsgeschichte muß man ebenso von einer Legende ausgehen; denn Jesus ist nicht in Bethlehem geboren, sondern in Nazareth, um nur ein Beispiel zu nennen.
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Weihnachten, 25. Dezember 2018
Weihnachten, 25. Dezember 2019
Weihnachten, 25. Dezember 2020
Predigt im Hirtenamt in Billerbeck als Text und Audio
Weihnachten 2021
„Frohe und gesegnete Weihnachten, Ihnen allen!“ Mit diesem Wunsch verbinde ich folgende Gedanken: Das Weihnachtsfest mit der Geburt Jesu gäbe es nicht, wenn es kein Osterfest gäbe mit der Auferweckung und Auferstehung Jesu. Es gäbe auch kein Pfingstfest, das an sich schon nicht so intensiv gefeiert wird.
Die Frauen und Männer um Jesus hatten nach der Kreuzigung nicht mehr mit Jesus gerechnet. Aber dann erscheint er ihnen und alles wird anders.
Kirchliche Insider blicken gerne naserümpfend auf die sogenannten „Weihnachts-Christen“ herab, die nur einmal im Jahr den Weg in den Gottesdienst finden. Aber offenbar berührt das Weihnachtsfest auch heute die Herzen der Menschen zutiefst. Es befriedigt Bedürfnisse, die Menschen einfach haben, zum Beispiel ein Fest in der Familie zu feiern,
wie sie es schon aus ihrer Kindheit kennen, und zu beschenken und beschenkt zu werden.
Das Wichtigste aber auch für heutige Menschen ist die Botschaft, daß ein hilfloses Kind in die Welt gekommen ist, um die Welt zu heilen.
Als die Evangelisten ihre Botschaft niederschrieben, begannen Matthäus und Lukas mit der Kindheitsgeschichte Jesu und mit all dem, was wir zu Weihnachten lesen und hören.
Das Weihnachtsfest scheint emotional wirksamer zu sein als das Osterfest und erst recht als das Pfingstfest. Wenn wir die Freude der Kinder an Weihnachten erleben, wie sie vor dem Weihnachtsbaum und ihren Geschenken leuchtende Augen bekommen, ist das in keiner Weise vergleichbar mit ihrem Eifer beim Eiersuchen am Osterfest. Geheimnisvoll muß es gewesen sein, als der Gottessohn uns Menschen gleich wurde. Die Evangelisten haben darüber keine wissenschaftliche Historie geschrieben, sondern das ganze Geschehen bildhaft dargestellt.
So ist Jesus zum Beispiel nachweislich nicht in Bethlehem geboren, sondern in Nazareth. Bethlehem ist nach dem Propheten Samuel der Herkunftsort Davids (vgl. 1 Sam 16,1), wo auch nach dem Propheten Micha der erwartete Messias als Nachkomme („Sohn“) Davids zur Welt kommen sollte (vgl. Mi 5,1). Jesus stammt aus dem Stamm Davids (vgl. Mt 1,1). Oft lesen wir in der Bibel, daß Jesus ein Nazarener war (vgl. Mt 2,23). Der Stern in der Geburtsgrotte in Bethlehem macht, wenn man ihn erblickt, deutlich, wie unwichtig das historische Faktum ist. Der Ort strahlt seine Kraft auf all die gläubigen Menschen aus, die diese Stätte mit der Geburt Jesu verbinden.
Die überraschende Auferstehung Jesu warf die Frage auf: „Wer war dieser Mensch?“ Von den ersten 30 Lebensjahren Jesu wissen wir nur etwas aus Legenden. Jesus wird seinem Vater fleißig in der Schreinerwerkstatt geholfen haben. Dann läßt er sich von Johannes dem Täufer taufen, und daraufhin beginnt das zu wachsen, was wir heute Kirche nennen. Ob Jesus zufrieden wäre, wenn er erleben würde, wie die Kirche sich heute zeigt und darstellt und wie sie zumindest in Europa einen vermutlich noch nie dagewesenen Mitgliederverlust erlebt?
Für mich persönlich ist das Wichtigste, daß Jesus, der Gottessohn, in mir lebt und ich in ihm leben darf. Die Mystiker haben das schon immer gewußt und legten Wert darauf, Gott in ihrem Leben zu erfahren.
Angelus Silesius (1624-1677) schreibt:
„Und wäre Christus tausendmal in Bethlehem geboren, und nicht in dir:
Du bliebest doch in alle Ewigkeit verloren.“
„Ach könnte nur dein Herz zu einer Krippe werden,
Gott würde noch einmal Kind auf dieser Erde werden.“
Gestalten wir unser Herz zur Krippe. Was kann alles darin entstehen und wachsen, ja fruchtbar werden im kommenden Jahr 2022? Feiern wir Weihnachten wie immer: Besuchen wir die Krippen und singen mit den Kindern Weihnachtslieder. Beglücken wir einander mit Geschenken. Vielleicht lesen wir noch einmal in der Bibel bei Matthäus und Lukas die Geschichten von Jesu Geburt.
Dabei gilt es aber zu bedenken, daß die Menschwerdung Gottes sich nicht wie ein Urlaubserlebnis beschreiben läßt. Auch wir können von unserem Urlaub nur berichten, was wir gesehen und erlebt haben, aber nicht, was sonst noch alles am Urlaubsort geschah.
Die Erzählung von Augenzeugen ist kein objektiver Tatsachenbericht, sie ist von subjektiven Wahrnehmungen gesteuert.
Drücken wir vielmehr wie die Apostel, die Jünger und die Frauen, wie zum Beispiel Maria Magdalena, unseren Glauben aus. Möge all das uns verkraften lassen, was an der Kirche von heute zu beklagen ist. Unterstützen wir den Papst und die Bischöfe, die dabei sind, den Glauben der Urkirche in unsere heutige Sprache zu übersetzen.
„Welt ging verloren – Christ ward geboren!“
Dieser Ruf aus dem wohl bekanntesten deutschen Weihnachtslied „O, du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit“, faßt in nicht zu unterbietender Kürze den Gehalt des Weihnachtsfestes zusammen.
Als Pfarrer Johannes Falk (1768-1826) aus Weimar das Lied 1816 schrieb, war die Welt wirklich „verlorengegangen“. Aber: „Welt ging verloren – Christ ward geboren!“