4. Adventssonntag, 20. Dezember 2020

Stirbt das Wasser, stirbt der Mensch

Wenn Sie von den erlesensten Getränken soviel trinken dürften, wie Sie wollen, aber unter der Bedingung, es ewig trinken zu müssen, wofür würden Sie sich entscheiden? Vermutlich wählt ein jeder WASSER.

Allein das Nichts beziehungsweise das nach nichts Schmeckende wird in Ewig­keit nicht langweilig, sondern ist an­gemessen, das Ewige zu beschrei­ben.

Wasser ist eine ganz und gar ungewöhnliche Flüssigkeit, vielleicht die ungewöhnlichste auf Erden, die wichtigste auf jeden Fall. Wasser ist die wertvollste Gabe der Natur, es gilt als das Lebens­mittel Nummer eins. So dient es als Metapher für Leben schlechthin.

Wasser ist Leben
Wir kennen das „Wasser des Lebens“ aus den Mythen, Sagen und Mär­chen bis zu Jesus, der vom „lebendigen Wasser“ spricht (vgl. Joh 4,10 Gesprä­che am Jakobsbrunnen). Sieben Zehntel der Erdkugel sind von Weltmeeren ein­schließlich der vereisten Polarmeere bedeckt. Könnte man die drei Zehntel der Kontinente ins Meer schütten, dann hätte dieses eine Weltmeer eine durchschnittliche Tiefe von 2700 Meter. Wie kommen wir dazu, unseren Planeten als Erde zu bezeichnen? Vom Weltall aus betrachtet, ist sie der „Blaue Planet“, weil fast nur Wasser zu sehen ist. Der Mensch selbst besteht zu zwei Drittel aus Wasser, und das Altern ist im Grunde nichts anderes als ein Austrocknungsprozeß.

Obwohl man Ende des 18. Jahrhunderts entdeckt hat, daß Wasser aus Wasserstoff und Sauerstoff be­steht, so bleibt es doch ein Urele­ment und ein mythisch beladener Stoff. Wasser ist „mehr“ als H2O. H2O läßt sich nur künstlich gewinnen und eignet sich nicht als Trinkwasser, dieses kommt aus der Tiefe als Grundwasser, wo es jahrtausendelang in Sand- und Gesteinsschichten filtriert wurde, ohne von Bakterien, Viren, Düngemitteln, Insektiziden, Pestiziden, Waschmittelresten, Fäkalien und Schwermetallrückständen aus industri­ellen Produktionen verunreinigt zu sein.

Ein Dossier von Michael Sontheimer in der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ (15.9.89) hat die Überschrift „Aus Wasser wird H2O“.

Michael Sontheimer zitiert dort Ivan Illich (1926-2002): „Wasser war durch die Ge­schichte als Stoff der Reinheit empfunden worden: Heute ist H2O der Stoff, der gereinigt werden muß, um das menschliche Überleben zu sichern. H2O und Was­ser wurden zu Gegensätzlichkeiten.“

Wasser bleibt unter den Bedingungen unserer Erdatmosphäre für im­mer Wasser, ob flüssig, als Gas oder als Eis. Kein Tropfen davon geht für immer verloren. Diese Gabe wird uns geliehen, wir können sie nicht ver­brauchen, sondern nur gebrauchen und der Natur gebraucht zurückgeben. Aber oft geben wir ihr das Wasser nicht nur gebraucht, sondern mißbraucht zurück. Jeder einzelne trägt die Verantwortung, unser Was­ser nicht über Gebühr zu belasten.

 

 

 

 

 

 

 

 

Franz von Assisi (1181-1226) betete im Sonnengesang:
„Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Wasser,
sehr nützlich ist sie und demutsvoll (demütig)
und köstlich und rein (keusch)“.

 

Antoine de Saint-Exupéry (1900-1944) schreibt in „Wind, Sand und Sterne“:
„Wasser, du hast weder Geschmack noch Farbe, noch Aroma. Man kann dich nicht beschreiben. Man schmeckt dich, ohne dich zu kennen. Es ist nicht so, daß man dich zum Leben braucht: du selbst bist das Leben! Du durchdringst uns als Labsal, dessen Köstlichkeit keiner unserer Sinne auszudrücken fä­hig ist. Durch dich kehren uns alle Kräfte zurück, die wir schon verloren gaben. Dank deiner Segnung fließen in uns wieder alle bereits versiegten Quellen der Seele. Du bist der köstlichste Besitz der Erde. Du bist auch der empfind­samste, der rein dem Leib der Erde entquillt. Vor einer Quelle magne­siumhaltigen Wassers kann man verdursten. An einem Salzsee kann man verschmachten. Und trotz zweier Liter Tauwasser kann man zugrunde gehen, wenn sie bestimmte Salze enthalten.
Du nimmst nicht jede Mischung an, duldest nicht jede Veränderung. Du bist eine leicht gekränkte Gottheit! Aber du schenkst uns ein unbeschreiblich einfaches und großes Glück.“