1.8.2020

9. Die Frage der Herkunft – Der Kleine Prinz kommt zu den Menschen (Kapitel III)

Der Kleine Prinz macht in gewissem Sinn eine umgekehrte Pilgerreise. Er macht sich nicht auf den Weg von der Erde zum Himmel, sondern vom Himmel zur Erde. Dabei lernt er eine andere Welt, die Welt der Erwachsenen, kennen, eine Welt, in der nichts wichtig ist von all dem, was seine Seele so sehr erfüllt. Die Menschen dort erachten 1000 andere Dinge für weltbewegend, deren Bedeutsamkeit das kindlich-himmlische Wesen nicht verstehen kann.

Nachdem Antoine de Saint-Exupéry dem Kleinen Prinzen erklärt hat, was ein Flugzeug ist, ruft dieser völlig überrascht: „Wie! Du bist vom Himmel gefallen?“ Beide befinden sich in einer anderen Welt.

In der meditativen Versenkung, an der Schwelle zwischen Unbewußtem und Bewußtem, kehrt sich die Realitätsempfindung um. Unsere Innenwelt erscheint uns als real, wenn wir uns völlig in sie hineinversetzen und ihre Weite und Tiefe entdecken und ausloten, um im Seelengrunde – wie die Mystiker sagen – demjenigen zu begegnen, der immer schon in uns anwesend ist: Gott.

Eugen Drewermann (* 1940):
Nähert man sich, auf den Spuren des „kleinen Prinzen“, buchstäblich wie von einem fremden Stern, mit den unverfälschten Augen eines „Kindes“ der Welt, die uns bis zum Überdruß vertraut ist und alltäglich, so enthüllt sie sich als ein Panoptikum der Eitelkeit, der Nichtigkeit und der kompletten Unfähigkeit, irgend etwas zu lieben außer sich selbst.