
Karl Caspar (1879-1956)
Weihnachten, 25. Dezember 2020
Adam und Eva an der Krippe
Von einem hellgelben Strohhaufen heben sich ein blauer Esel und ein roter Ochse ab, daneben, ganz in Blau gekleidet, eine Frau mit einem nackten Kleinkind, am Rand der Futtertrog, die Krippe als notdürftiger Ersatz für ein Kinderbett. Die Szene ist in eine rechteckige Form eingepaßt, die Andeutung eines Stalles. Ihm fehlt die Vorderwand, er ist offen wie ein Puppenhaus.
Von rechts schreitet ein nackter roter Mann vor blauem Grund auf das Licht des Stalles zu, von links nähert sich eine Frau mit einem um die Hüften geschlungenen grünen Tuch, begleitet von einem Reh: Adam und Eva.
Ausgehend von dem Vergleich „Adam und Christus“ bei Paulus (1 Kor), entwickelten die Kirchenväter ab dem 4. Jahrhundert das Gegensatzpaar „Eva und Maria“. Die Farben bilden nicht ab, sondern machen Unsichtbares sichtbar. Moderne Kunst stößt über die Grenzen des Materiellen hinaus vor zum Geistigen bis zur Transzendenz.
In Wesel St. Martini, an meiner zweiten Kaplanstelle, hat der Pastor einen Baum mit roten Äpfeln und Figuren von Adam und Eva neben die Krippe gestellt. Die Betrachter sollten über die Menschwerdung Gottes bis in unsere Zeit mit dem Ursprung der Menschheitsgeschichte verbunden werden.
Wie kam der Apfel in die Bibel? In der Geschichte vom Sündenfall ist nirgendwo die Rede von einem verbotenen Apfel, den Eva ihrem Mann Adam gereicht haben soll. Die Bibel spricht nur von den Früchten des Baumes in der Mitte des Gartens. Sie sollen umfassendes Wissen vermitteln oder, wie es in der lateinischen Übersetzung heißt, die Erkenntnis des Guten und des Schlechten (bonum et malum) ermöglichen. Da das lateinische Substantiv „malum“ auch Apfel bedeutet, verbreitete sich das Gerücht, Adam habe einen Apfel verspeist.
Entsprechend den Erkenntnissen der heutigen Theologie war es aber wohl eher eine Feige; denn im Schöpfungsbericht (Gen 3,7) heißt es: „Da gingen beiden die Augen auf, und sie erkannten, daß sie nackt waren. Sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich einen Schurz.“
Die Tradition ist aber beim Apfel geblieben. Trotz ihrer Vertreibung aus dem Paradies wollten die Menschen nicht mehr von dieser Frucht lassen. Die Äpfel wurden ihnen aber nicht in solcher Vollendung dargeboten wie im Garten Eden; denn der Ackerboden war verflucht. Unter Mühsal sollte der Mensch von ihm alle Tage essen. Also ließ der Schöpfer auf Erden nur Wildäpfel wachsen, die klein, hart und ziemlich ungenießbar waren. Aber die Menschen ließen nicht locker. Sie lernten, die wilden Bäume durch Aufpfropfen zu veredeln.
Angelus Silesius (1624-1677):
„Und wäre Christus tausendmal in Bethlehem geboren, und nicht in dir: Du bliebest doch in alle Ewigkeit verloren.“
„Ach könnte nur dein Herz zu einer Krippe werden, Gott würde noch einmal Kind auf dieser Erde werden.“
Gestalten wir unser Herz zur Krippe. Was kann alles darin entstehen und wachsen, ja fruchtbar werden im kommenden Jahr 2021?
Predigt in Billerbeck