27.1.2021

Aktives Zuhören ist nicht einfach, aber wirkungsvoll

Menschen möchten, daß man ihnen zuhört. Unverzichtbar ist dieses Aufmerksamsein vor allem für Ärzte und Therapeuten. Wer ein wichtiges Anliegen besprechen will, spürt, ob sein Gegenüber wirklich zuhört oder einfach nur reden läßt und mit den eigenen Gedanken ganz woanders ist.

Oft besteht ein Gespräch auch nur aus einem regen Austausch von Meinungen und aus Bewertungen. Anders verhält es sich bei einem tiefgehenden, aufregenden und bedeutenden Gespräch.

Aus „MOMO oder Die seltsame Geschichte von den Zeit-Dieben und von dem Kind, das den Menschen die gestohlene Zeit zurückbrachte“ von Michael Ende (1929-1995):

Was die kleine Momo konnte wie kein anderer, das war das Zuhören.
Das ist doch nichts Besonderes, wird nun vielleicht mancher Leser sagen, zuhören kann doch jeder. Aber das ist ein Irrtum. Wirklich zuhören können nur recht wenige Menschen. Und so wie Momo sich aufs Zuhören verstand, war es ganz und gar einmalig.
Momo konnte so zuhören, dass dummen Leuten plötzlich sehr gescheite Gedanken kamen. Nicht etwa, weil sie etwas sagte oder fragte, was den anderen auf solche Gedanken brachte
nein, sie saß nur da und hörte einfach zu, mit aller Aufmerksamkeit und aller Anteilnahme.
Dabei schaute sie den anderen mit ihren großen, dunklen Augen an, und der Betreffende fühlte, wie in ihm plötzlich Gedanken auftauchten, von denen er nie geahnt hatte, dass sie in ihm steckten.
Sie konnte so zuhören, dass ratlose, unentschlossene Leute auf einmal ganz genau wussten, was sie wollten.
Oder dass Schüchterne sich plötzlich frei und mutig fühlten.
Oder dass Unglückliche und Bedrückte zuversichtlich und froh wurden.
Und wenn jemand meinte, sein Leben sei ganz verfehlt und bedeutungslos und er selbst nur irgendeiner unter Millionen, einer, auf denen es überhaupt nicht ankommt, und er ebenso schnell ersetzt werden kann wie ein kaputter Topf
und er ging hin und erzählte das alles der kleinen Momo, dann wurde ihm, noch während er redete, auf geheimnisvolle Weise klar, dass er sich gründlich irrte, dass es ihn, genauso wie er war, unter allen Menschen nur ein einziges Mal gab und dass er deshalb auf seine besondere Weise für die Welt wichtig war.

Siehe Impuls vom 17. Oktober 2018 – Hören.

 

Die Jesuiten haben in ihrer Publikation „Jesuiten“ in der Ausgabe 4/2020 das Thema „Hören“ gewählt. Das Heft kann bei ihnen bestellt werden.

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Wichtiges Beispiel von Seite 11

zweites Hören