2.5.2023

„Das Organ der Freundschaft“

Unter dieser Überschrift veröffentlichte a tempo in Heft 09/2014 einen interessanten Artikel von Wolfgang Held (* 1964) über die Augen.

Gegenüber anderen Sinnen der Begegnung wie zum Beispiel Hand und Ohr sieht der Autor die größte Offenbarung und „Erfahrung des Du“ im Blick des Menschen; denn man schaut einander immer in die Augen. Je intensiver und tiefer dieser Blick ist, offenbart sich dem Gegenüber hier und da auch die Seele.

Wenn ein kleines Kind sich verstecken will, begnügt es sich damit, die Hände vor das Gesicht zu halten und zu sagen: „Keiner kann mich sehen!“ Wolfgang Held schreibt dazu: „Aus einer seelischen Perspektive haben die Kleinen allerdings Recht. Denn sobald man die Augen verschließt, ist man tatsächlich seelisch nicht mehr sichtbar.“

Georg Simmel (1858-1918) formuliert: „Man kann nicht durch das Auge nehmen, ohne zugleich zu geben. Das Auge entschleiert dem Andern die Seele, die ihn zu entschleiern sucht. Indem dies ersichtlich nur bei unmittelbarem Blick von Auge in Auge stattfindet, ist hier die vollkommenste Gegenseitigkeit im ganzen Bereich menschlicher Beziehungen hergestellt.“