16.10.2019

Brot für den Tag 46

Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen (Hebr 10,31)

Donnerstag 26.5.1994

Die Urkirche hatte eine sehr strenge Auffassung von Buße. Es gab keinen Christen, der bei schlechten Taten gedacht hätte: „Das kann ich ja wieder beichten.“ Erst zögernd praktizierte die Kirche die Beichte, anfangs nur einmal im Leben. Wer dann noch einmal schwer sündigte, fiel dem Gericht Gottes anheim. Mit dem Hinweis auf das Gericht sollte mit Nachdruck auf die Tragweite der Sünde hingewiesen werden und darauf, daß jeder lebende Mensch von der furchtbaren Möglichkeit und der Gefahr der Hölle bedroht ist.

Aus der Warnung vor einer ewigen Verderbnis ist im Laufe der Zeit eine realistische Vorstellung von der Hölle entstanden, verbunden mit dem Wissen, wer dort alles große Pein erleidet. Dichter wie Dante Alighieri haben es drastisch beschrieben, und Maler wie Hieronymus Bosch haben uns die Qualen der Sünden schauderhaft vor Augen gestellt; die Besucher von gotischen Kathedralen sehen bei jedem Betreten der Kirche den Höllenrachen und die Schar derer, die dort hineinwandern. Die Furcht vor dem strafenden Gott und der Hölle war stärker als der Glaube an die Frohe Botschaft von der Erlösung durch Jesus Christus.

Voll Zuversicht dürfen wir aber die Worte aus dem Mund Jesu hören: „Wer an ihn (Gottes Sohn) glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des einzigen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat“ (Joh 3,18). Wir haben also unser Gericht gleichsam selbst in der Hand, unser Unglaube richtet uns selbst und Gott stimmt dem zu.

Ich lebe von der Hoffnung, daß ich meinen Unglauben in meinem irdischen Leben immer wieder rechtzeitig erkenne, mich bekehren und Buße tun kann, und ich lebe von der Hoffnung, daß ich in meiner Todesstunde die Gnade bekomme, mich in vollem Vertrauen der Barmherzigkeit Gottes anvertrauen zu können. Ich lebe mit der Einsicht, daß mein Leben scheitern kann, so daß ich dauernd wachsam sein muß; aber ich lebe von der Hoffnung, daß Jesus immer wieder die Hölle leer liebt.

Gebet:
Gott, „dein Gericht ist tief wie das Meer“, aber noch tiefer ist deine Liebe; laß mich aus dieser Liebe leben.