
6.5.2020
Brot für den Tag 65
Ein Mann, der von Dämonen besessen war, ... lebte ... in den Grabhöhlen (Lk 8,27)

Dienstag 4.2.1997
Da wird ein Mann aus der Gesellschaft ausgeschlossen und ist schon lebendig tot. So lebt er in den Grabhöhlen. Nun begegnet er dem Vertreter des Lebens, „Jesus, dem Sohn des höchsten Gottes“ (Vers 28). Kann aus dem Grab neues Leben geboren werden?
Eine Höhle ist der Zugang zur Erdtiefe. Aus der Tiefe wird das Leben gehoben. Der Geburtsraum ist aber zugleich der Todesraum. Wegen des Bezuges zum Totenreich dient die Erde als Begräbnisstätte. In der jüngeren Steinzeit diente sie als Kultraum, in Notzeiten auch als Wohnung. Wie gerne bauen sich Kinder eine Höhle.
Auch das Christentum geht in die Erde: Jesus wird in einer Felsengrotte geboren. Es gibt die These, man habe den Begriff „Höhle“ aus dem Evangelium (Mt 2,9) gestrichen. Aber die Ikonographie kennt die Höhle, vor allem auf den Geburtsikonen der Ostkirche. Das Protoevangelium des Jakobus spricht auch von der Geburtshöhle, und in Bethlehem sieht man keinen Stall, sondern eine Geburtshöhle. Jesu Taufe ist an der tiefsten Stelle der Erde, der Jordansenke, und er wird begraben in einem Felsengrab. In Jesus dringt Gott ganz in die Erdentiefe ein, damit sie ganz von ihm durchdrungen wird.
Die ersten Christen gehen in die Katakombe. Vor allem in der Ostkirche gibt es die Höhlenklöster und die Mönchszellen in den Höhlen. Bei den Höhlenklöstern ist die Höhle einerseits Grabeshöhle, in der der Asket sein weltliches Leben begräbt, dann wird sie aber auch zur Auferstehungshöhle. Die Höhle ist in Verbindung mit dem Brunnenmotiv ein besonderer Gegenstand der Kontemplation. Der Fromme wendet das Höhlensymbol auf sich an, er möchte keine „Räuberhöhle“ sein.
Bei dem Besessenen war es so gekommen. Daraus sucht er einen Ausweg. Nun darf er nicht Jesus folgen, sondern soll in sein Haus zurückkehren (Vers 38f).
Gebet:
Großer Gott, befreie auch mich zum Leben, und hole mich heraus aus meiner Selbstverschlossenheit!