
9.9.2020
Brot für den Tag 80
Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreiches geben (Mt 16,19)

Mittwoch 8.9.1999
Schöpfung bedeutet Unterscheidung und Teilung; Übergänge und Abgrenzungen schaffen Räume, die durch Tore in Verbindung miteinander stehen können. Diese haben meistens auch ein Schloß, das sich nicht ohne Schlüssel öffnen läßt. Wer die Schlüsselgewalt hat, ist mächtig und einflußreich.
Ebenso wie wir auf Erden immer wieder Übergänge erfahren, verhält es sich auch in bezug auf die Ewigkeit, die wir Himmel nennen. Diesen Himmel hat unsere Sünde versperrt, aber Gott möchte ihn für uns öffnen. In der Passionszeit wird das Kreuz Christi besungen: „Du bist des Himmels Schlüssel, du schließest auf das Leben.“ Und die Adventszeit besingt den erwarteten Heiland: „O Schlüssel Davids, dessen Kraft uns kann entziehen der ewigen Haft.“
Jesus hat dem Petrus die Doppelschlüssel zum Binden und Lösen gegeben. So läßt sich fast jede Petrusdarstellung an den Schlüsseln erkennen. Pilgern wurden früher an den Apostelgräbern in Rom die Petrusschlüssel als Andenken überreicht.
Das wichtigste Tor in unserem Leben ist das Himmelstor, dessen Schlüssel wir nicht besitzen. Viele Geschichten erzählen, wie schwer es zu erreichen ist, daß sich uns der Himmel öffnet. Wie können wir leben, damit wir dem Himmel kein Hindernis sind, wenn er sich uns erschließen will?
Unsere Sprache und unser Brauchtum sind voller Hinweise auf Schloß und Schlüssel. Wie kann ich an einen „verschlossenen“ Menschen herankommen? Ich kann mich dazu „entschließen“, mich einer Gruppe „anzuschließen“, weil ich nicht „ausgeschlossen" sein möchte. Ich „verschließe“ vor der Wahrheit die Augen. Ich „schließe“ einen ungünstigen Vertrag ab, mich reut der „Entschluß“. Ich „beschließe“ – wieder einmal vergeblich? –, mich zu ändern.
Gebet:
Guter Gott, du verschließt dich mir nicht. Laß mich erkennen, welchen Reichtum du mir erschließt, wenn ich mich aufmache für dich und zu dir.