20.2.2023

Das Böse ist in uns allen, und wir projizieren es auf andere

Das bucklichte Männlein

Will ich in mein Gärtlein gehn,
Will meine Zwiebeln gießen,
Steht ein bucklicht Männlein da,
Fängt als an zu niesen.

Will ich in mein Küchel gehn,
Will mein Süpplein kochen,
Steht ein bucklicht Männlein da,
Hat mein Töpflein brochen.

Will ich in mein Stüblein gehn,
Will mein Müslein essen,
Steht ein bucklicht Männlein da,
Hat's schon halber gessen.

Will ich auf mein Boden gehn,
Will mein Hölzlein holen,
Steht ein bucklicht Männlein da,
Hat mir's halber gstohlen.

Will ich in mein Keller gehn,
Will mein Weinlein zapfen,
Steht ein bucklicht Männlein da,
Tut mirn Krug wegschnappen.

Setz ich mich ans Rädlein hin,
Will mein Fädlein drehen,
Steht ein bucklicht Männlein da,
Läßt mirs Rad nicht gehen.

Geh ich in mein Kämmerlein,
Will mein Bettlein machen,
Steht ein bucklicht Männlein da,
Fängt als an zu lachen.

„Liebes Kindlein, ach, ich bitt,
Bet fürs bucklichte Männlein mit!“

Clemens Brentano (1778-1842, Des Knaben Wunderhorn)

* * * * *

Der Hang zum Bösen ist in jedem Menschen, und die Personifizierung ist der Teufel.

Um böse Geister abzuwehren, gibt es nach wie vor Exorzisten.

Albrecht Dürer (1471-1528) läßt in seinem 1513 geschaffenen Kunstwerk „Ritter, Tod und Teufel“ beide neben dem Ritter gehen. Ich bin überzeugt, daß der Tod ein Verwandler ist und der Teufel das Böse in uns personifiziert. Es besteht die große Gefahr, dieses Böse auf andere zu projizieren. Vor Tod und Teufel kann man nicht weglaufen, weil sie in uns sind. Man kann nicht mit ihnen kämpfen, weil sie stärker sind. Wir müssen sie in uns akzeptieren und zähmen.