
8.1.2020
Das Ganz-Große-Glück als Erfüllung in Gott – als Erfüllung der Sehnsucht
Es wird wohl kaum einen Menschen geben, der nicht weiß, was Sehnsucht ist.
„Warum habt ihr in unsere Seelen Sehnsucht gesät?“, schrieb eine Schülerin im KZ Theresienstadt. Sehnsucht ja, aber wonach? Nach Glück! Drei Aposteln wurde eine Erfahrung auf dem Berg Tabor zuteil, die dem entsprach, was sie schon immer ersehnt hatten (vgl. Mk 9,2-8; Mt 17,1-9; Lk 9,28-36). Petrus wollte sogar dort bleiben und Hütten bauen, aber er muß wieder herunter auf den Boden der Tatsachen.
Bei jeder Glückserfahrung in dieser Welt bleibt ein Rest unerfüllbarer Sehnsucht. Nichts in der Schöpfung, auch nicht die glücklichste Partnerbeziehung kann diese Sehnsucht stillen; denn „an allem ist etwas zu wenig“, und „es muß im Leben mehr als alles geben“.
Sigmund Freud schreibt: „Die Absicht, daß der Mensch glücklich ist, ist im Plan der Schöpfung nicht enthalten“, und Arthur Schopenhauer formuliert: „Es gibt nur einen angeborenen Irrtum, und der ist der, daß wir da sind, um glücklich zu sein.“ Auch Psychologen meinen, man könne nur durch Verdrängung des Unangenehmen glücklich sein.
Für mich persönlich ist die Sehnsucht nach Glück der größte Gottesbeweis, falls man Gott überhaupt beweisen kann. Sie ist ein Hinweis darauf, daß es eine Erfüllung gibt, die mit nichts Bekanntem vergleichbar ist. Eine solche Sehnsucht kann nicht sinnlos sein oder gar ins Leere stoßen. Die Erfüllung liegt im Leben mit Gott; denn wir sind da, um glücklich zu werden bis auf den Grund unserer Sehnsucht. Es existiert der Glaube an die totale Machbarkeit des Glücks, aber es ist nicht machbar, es wird geschenkt. Und trotzdem bieten einige Personen an, eine Befreiung von allem Unglück gefunden zu haben.
Diese modernen Glücksangebote sind käuflich zu erwerben. Die Schöpfung aber existiert in Polaritäten: Zum Licht gibt es das Dunkel, zum Tag gibt es die Nacht, zum Leben gibt es den Tod, und zur Frau gibt es den Mann. Die Spannung zwischen den Polen macht den Reiz des Lebens aus. In Gott fallen alle Gegensätze zusammen; wer bei und in Gott ist, erfährt auf einer höheren Ebene den gemeinsamen Grund und die Einheit der Gegensätze.
Lazarus hatte die Spannweite von Leben und Tod erfahren. Jesus weckte ihn auf von den Toten, aber wiederum zu einem Leben, zu dem auch der Tod gehört (vgl. Joh 11,17-44).
Glück im irdischen Leben ist nur bruchstückhaft, es bleibt endlich und vergänglich. Das Ganz-Große-Glück steht als Verheißung aus, es ist unser Heil, das uns geschenkt wird.
Auf die Frage „Warum willst du glücklich sein?“ weiß niemand eine Antwort. Wir wissen nur, daß keiner unglücklich sein möchte. Die Aufklärung von 1789 propagierte: „Jeder hat ein Recht auf Glück, aber es ist nicht Gnade, sondern die Erfüllung eines Anspruchs.“
Wir Christen warten auf ein Leben, das Leben und Tod übersteigt. Um es vom irdischen Leben zu unterscheiden, sprechen wir vom EWIGEN LEBEN. Zu unserem irdischen Leben gehören Licht und Dunkel; durch die Sünde ist aus dem Dunkel sogar Finsternis geworden. Wir warten aber auf das EWIGE LICHT, zu dem es weder Dunkel noch Finsternis gibt. Wir können uns auf Erden Himmel und Hölle bereiten. Ob es am Ende aber, wenn Gott „alles in allem“ ist, nur noch den HIMMEL gibt?
Meine Sehnsucht erhöht meine Toleranz gegenüber anderen.