1.6.2020

Der Pfingstmontag ist ein totgeborenes Kind

Zu großen Festen gehört eine Oktav, eine achttägige Feier. Da das bei den Festen Weihnachten und Ostern so ist, an denen man der Menschwerdung Gottes beziehungsweise der Auferstehung Jesu gedenkt, wollte man auch den Heiligen Geist zu Pfingsten in gleicher Weise würdigen. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) gibt es diese Oktav zu Pfingsten nicht mehr.

Der Begriff Pfingsten stammt aus dem Griechischen (pentekosté hemerá = 50. Tag nach Ostern). Mit Pfingsten ist der Osterfestkreis abgeschlossen. Vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil gab es noch die Sonntage nach Pfingsten.

Deutschland hat den Pfingstmontag sogar mit eigenen Formularen für die Meßfeier beibehalten.

Schriftstellen:
Erste Lesung: Apg 10,34-35.42-42a
Zweite Lesung: Eph 4,1b-6
Evangelium: Joh 15,26-16,3.12-15

Ich bin überzeugt, daß der Heilige Geist auch durch Träume wirkt. Der Pfingstmontag ist ein totgeborenes Kind, aber das Kind Jesus wäre gestorben, wenn aufmerksame Männer ihre Träume nicht beachtet hätten. Josef folgte nicht seiner Ratio, sondern gehorchte dem, was Gott ihm in den Träumen auftrug.

Er nahm Maria zu sich (Mt 1,20) und floh später mit ihr und dem Kind nach Ägypten (Mt 2,13).

Auch die Magier kehrten, wie ihnen im Traum geboten, nicht zu Herodes zurück (Mt 2,12).

 

Beim Propheten Joel 3,1 heißt es: „Und nach diesem will ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch, und eure Söhne und Töchter sollen weissagen; eure Ältesten sollen Träume haben, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen.“

Haben Sie es früher als Tadel empfunden, wenn man Ihnen sagte: „Träume nicht!“? Sagen Sie heute resigniert: „Mit 17 hat man noch Träume“? Nun lesen wir beim Propheten Joel „Eure Alten werden Träume haben.“

Es geht hier um die Träume von gelebter Menschlichkeit, von Frieden, von dem, was mit der Vollendung des Reiches Gottes sein wird. Solche Träume sind nicht nur ein Vorrecht der Jugend, in der Bibel sind sie ein Merkmal für den Geist Gottes. Im Psalm 126 singen wir „Wir werden sein wie Träumende.“

Träume begleiten unser Leben, sei es im Wachen oder erst recht im Schlaf. Der Titel „I have a dream – Ich habe einen Traum“ der be­rühmten Rede von Martin Luther King aus dem Jahr 1963 ist inzwi­schen eine bekannte Re­dewendung.

Träume sind keine Schäume, weder die des Tages, noch die der Nacht. Der Mensch kann ohne sie nicht leben. Sie zu entziehen, bedeutet härteste Folter. Auch sie sind Zeichen der Präsenz von Gottes Geist. Sie sind die vergessene Sprache Gottes.

Sind wir still genug, Gottes Geist in unseren Träumen zu erkennen? Wir müssen unser Bewußtsein loslassen und uns im Schlaf, dem kleinen Bruder des Todes, dem Unbewußten überlassen. Wenn wir loslassen, kann Gottes Geist besser in uns wirken.

In der Traumwelt ist das Raum-Zeit-Gesetz aufgehoben, daher gibt es dort die Erfahrung von Ewigkeit. Kinder und Liebende leben in einer solchen Traumwelt. Doch das Erwachen fühlt sich an wie eine Vertreibung aus dem Paradies.

Wenn bei einem Menschen Traumbilder während des Tages bewußt einbrechen, sprechen wir von Visionen. Der Mensch erkennt den Einbruch und wird bereichert. Wenn ein Mensch ein solches Traumbild als reale Wirklichkeit auffaßt, es mit der Außenwelt vermischt und dadurch verwirrt ist, handelt es sich um Halluzinationen.

Was trauen wir Gottes Geist, dem Wind, der weht, wo er will, zu in einer Zeit, in der auch der böse Geist, den wir selbst aus der Flasche gelassen haben und nicht mehr dorthin zurückbringen, buchstäblich als Wind weht, wo er will?