22.5.2019

Die Hand in der Begegnung mit Gott

Betende Hände
„Wir haben die Hand nicht nur dazu bekommen, um das zu tun, was getan werden muß, sondern auch dazu, um sie im Gebet zu Gott zu erheben.“  (Athanasius 296-373)

Beim Beten bilden Leib und Seele eine Einheit, daraus ergeben sich verschiedene Handhaltungen. In der Gebärde der Hände wird auch ohne Worte das ganze menschliche Flehen deutlich.

Die Orantenhaltung ist die Haltung der Betenden in der Urkirche. Sie ist Ersatz für Empfangen und Berühren der Gottheit, Gebärde des Empfangens der erwarteten Ga­ben, Zeichen der offenen Schale, die Ausgestaltung des Blickes nach oben, ein Relikt vom Umfassen des Altares oder Götterbildes, Resi­gnationsgeste im Sinne des Sich-ergebens, Ausdruck von Jubel und Dank, Nachahmung der Haltung des Gekreuzigten und „sursum corda – erhebet die Herzen!“ Diese Gebets­haltung ist besonders beim „Vaterunser“ verbreitet (vgl. Ex 17,11f).

Die Haltung der gefalteten Hände der Germanen hat die Oranten­haltung verdrängt. Sie hat ihren Ursprung in der Commendatio (manu dare = Hände zum Binden hinhalten), der Unterwerfung des Vasallen unter den Lehnsherrn.

 

 

Die Haltung der verschränkten Hände löste in der Reformation die Gebetshaltung der Germanen ab. Das Verschränken der Hände ist ein Zeichen für Sammlung, so wie man die Hände in den Schoß legt. Alles muß jetzt schweigen. Es ist ein Zeichen von Selbstfesselung wie ein Binderitus, ein Sich-sammeln in sich selbst und ein sichernder Ring. Der Beter bleibt mit Gott in seiner Seele allein.
Diese Haltung ist eine Hilfe zur Bewältigung von Schmerz und Not, die ausbrechen wollen, ein Zeichen für die Innigkeit und Dringlichkeit des Bittens, wenn wir in dieser Haltung die Hände erheben. Diese Gebets­haltung hat offiziell nie Eingang in die Liturgie gefunden.

Wenn ich die Hände vor der Brust verschränke, umfasse ich mich selbst und bringe mich Gott in lauterer Hingabe dar, indem ich mich nach außen abkapsele.

 

 

 

 

 

 

 

Hände zur Schale formen ist im Zen üblich.
Auch diese Gebärde, in der die Finger der Linken in den Fingern der Rechten ruhen oder umgekehrt, ist eine Gebärde des Sich-sammelns und der Hingabe sowie der Bereitschaft, sich beschenken zu lassen. Sie stammt aus der Meditation. Die offene Hand empfängt den Leib des Herrn bei der Kommunion. Zahlreiche un­terschiedliche Hände strecken sich dem Austeilenden entgegen.

 

Das Schlagen an die Brust, dem Sitz der Seelenkräfte, war in der An­tike ein Ausdruck des Schmerzes, der Trauer sowie der Betroffenheit auf Grund von Unglück und Tod. Es wurde zu einem Ausdruck von Schuldbe­wußtsein und Reue (vgl. Lk 18,13; Lk 23,48).

„Wenn die Hände in der Jugend gelernt haben, sich zu falten im frommen Gebet, dann können sie im Alter segnen.“ Rudolf Steiner (1861-1925)