
17.9.2021
Die Selbstheilungskräfte des Menschen
„Gesundheit ist nicht die Abwesenheit von Störungen, sondern vielmehr die Kraft, mit ihnen zu leben.“ (Dietrich Rössler * 1927)
Wahre Gesundheit bedeutet Harmonie mit dem Dasein. Es geht um eine Übereinstimmung des Menschen mit der Welt und der Natur. Wir werden mit einer außerordentlichen Fülle von Perspektiven geboren, von denen sich die nötige Auswahl entwickelt, während der Rest kleiner wird. Ich stelle mir diesen Prozeß vor wie eine Rohrleitung mit zahlreichen Drähten, von denen sich bei manchen Menschen nur wenige Drähte bis zum Rohrende entwickeln.
Eine Grunderfahrung des Menschen ist seine enge Verbindung mit der Mutter. Auf Grund dessen erblickt er das Licht der Welt mit einer gewissen Erwartung in bezug auf Geborgenheit, Angenommensein und Verbundenheit, will aber gleichzeitig frei sein.
Wir wollen in der Welt zu etwas beitragen. Dafür brauchen wir aber auch Menschen, die uns etwas zutrauen; denn wir besitzen als Kinder bereits zahlreiche Fähigkeiten, derer man uns aber nicht selten beraubt. Ich bin dankbar, daß ich von Kind an auf vielfältige Weise ein großes Zutrauen erfahren durfte.
Eine besondere Fähigkeit des Kindes ist das Staunen, das leider bei vielen Menschen im Laufe des Lebens verlorengeht. Aber diese Fähigkeit bleibt wie auch viele andere im Gehirn verankert, es ist nur wichtig, sie wieder zu aktivieren. Dadurch gelangen wir zu uns selbst und fühlen uns in dieser Welt zuhause.
Das so geschaffene Selbstvertrauen stärkt auch unsere Selbstheilungskräfte, das heißt, wir sind weniger anfällig für Angriffe von außen, wie zum Beispiel durch Viren oder Bakterien, beziehungsweise fähiger, diese abzuwehren. Der Körper selbst ist ein hochentwickeltes Instrument der Heilung. Dennoch vertrauen viele Menschen mehr auf ein Medikament als auf ihre Selbstheilungskräfte. „Medicus curat, natura sanat – Der Arzt behandelt, die Natur heilt.“
Heilmittel besitzen Heilkraft, aber diese wirkt nicht automatisch. Wichtig ist die Wandlungsbereitschaft des Menschen. Auch Therapeuten sollten so praktizieren, daß die Person, die Hilfe sucht, sehr bald ihren eigenen Weg findet. Das bedeutet, den Therapeuten im Klienten hervorzubringen.
Auf erstaunlich gute Weise entwickeln Menschen ein Gespür für sich selbst und das, was sie lebendig macht. Es stärkt das Vertrauen in die inneren Selbstheilungskräfte und belebt diese. Weder Therapie, Beratung noch Seelsorge könnten sonst wirken. Menschen können sich nicht aus bloßer Vernunft zu irgendetwas wandeln, sondern nur zu dem, was als Möglichkeit und Potenzial in ihnen schon angelegt ist. Carl Gustav Jung (1875-1961) faßt es wie folgt zusammen:
„Sie kamen zu sich selber, sie konnten sich selber annehmen, sie waren im Stande, sich mit sich selbst zu versöhnen, und dadurch wurden sie auch mit widrigen Umständen und Ereignissen ausgesöhnt.“
Ein Beitrag in CHRIST IN DER GEGENWART Nr. 47 vom 22. November 2020 mit dem Titel „Religion Medizin – oder der Arzt Christus“ von Johannes Röser
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Siehe auch „Heilung“.