17.8.2022

Die Sprache Gottes - der Klang des Seins

Alfred Tomatis
Das Ohr und das Leben, Erforschung der seelischen Klangwelt
Solothurn und Düsseldorf 1995

Das Ohr ist das einzige Organ, das 18 Wochen nach der Empfängnis seine volle Größe erreicht. Dieses junge Wesen will hören. Alfred Tomatis (1920–2002) hat darüber ausführlich geforscht und geschrieben.

Vielleicht ist dieses physische Vermögen auch ein Hinweis, auf die Sprache Gottes zu hören. Oft fehlt uns nicht nur das Dritte Auge, sondern vor allem ein offenes Ohr für das, was Gott uns sagen will. Wie offen war doch Mose, als er den Dornbusch sah, der nicht verbrannte (vgl. Ex 3), ihn anschaute und dabei Gottes Sprache vernahm. „Hört, und ihr werdet leben!“, lautet die Botschaft der Bibel (Dtn 4,1).

Hören ermöglicht unsere Kommunikation. Das gilt auch für das Hören auf Gott, aber dazu braucht es Stille.

Rainer Maria Rilke (1875-1926):
Wenn es nur einmal so ganz stille wäre. Wenn das Zufällige und Ungefähre verstummte und das nachbarliche Lachen, wenn das Geräusch, das meine Sinne machen, mich nicht so sehr verhinderte am Wachen –: Dann könnte ich in einem tausend­fachen Gedanken bis an deinen Rand dich denken und dich besitzen (nur ein Lächeln lang), um dich an alles Leben zu ver­schenken wie einen Dank.

 

Wenn wir eine Muschel ans Ohr legen, vernehmen wir ein Rauschen. Je intensiver wir darauf horchen, desto stärker erfahren wir die Stille in uns. Diese gilt es zu suchen, um die Botschaft zu hören. Das Rauschen des Seins ist leise. Es geht um die „Stimme verschwebenden Schweigens“ (1 Kön 19,12).