10.12.2020

Ergänzung zum Impuls vom 19. November 2020 – Ist nicht genaugenommen immer Karneval?

In einem Leserbrief wiederlegte Dr. Barbara Schildt-Speker aus Düsseldorf in der F.A.Z. vom 27. November 2020, Nr. 277 die Existenz von Schnabelmasken in Mitteleuropa:

Hütet euch vor falschen Masken!

Es ist an der Zeit, von einer beliebten Bildmetapher Abschied zu nehmen. Die Schnabelmaske ist - wie zuletzt massenhaft in der Pest-Ausstellung im Archäologischen Museum Herne - ein gruselig-dekorativer Blickfang, und Giuseppe Veltri wiederholt in seinem Feuilletonbericht über den Lockdown im römischen Ghetto (F.A.Z. vom 25. November) die Darstellung, dass Ärzte sie tatsächlich getragen hätten.

Die Direktorin des· Medizinhistorisehen Museums Ingolstadt, Marion Maria Ruisinger, hat kürzlich indes zwei der drei weltweit in Museen überlieferten „Pestmasken" untersucht und mangels Gebrauchsspuren, fehlender Nasenlöcher, zu eng stehender Augengläser geschlussfolgert: ,,Bei kritischer Betrach-

tung finden sich bei beiden Masken Details, die gegen eine Verwendung als Schutzkleidung sprechen. Ob es sich dabei um ältere, historisierende Nachbauten oder bewusste Fälschungen handelt, muss offenbleiben." Für Mitteleuropa jedenfalls gibt es keine Nachweise dafür, dass zu Pestzeiten jemals eine solche Schnabelmaske in Gebrauch gewesen wäre. Finden wir uns also damit ab, dass der bei Paul Fürst, Nürnberg 1656, edierte Einblattdruck des Dr. Schnabel von Rom eine von der Commedia dell'arte inspirierte Bildsatire ist, mit kritischem Realitätsgehalt. Etwa in dem Sinne: Hütet euch vor der Pest, hütet euch vor falschen Masken!

BARBARA SCHILDT-SPECKER, DÜSSELDORF

Siehe Impuls vom 19. November 2020 - Ist nicht genaugenommen immer Karneval?