19.1.2019

Feuer

Nach dem griechischen Philosophen Heraklit (+ 500 v. Chr. G.) ist Feuer der Ursprung aller Dinge. Es hat vier Kompo­nenten:
1. Licht, das nur im Widerschein sichtbar ist,
2. Wärme, die alles durchdringt,
3. Rauch, der sichtbar ist,
4. Asche, die undurchsichtig ist.

Das Urfeuer ist die Sonne
Ist sie für uns nur ein gewalti­ger Kernreaktor, so wie das Herz für manche Menschen nur eine Pumpe ist? Unsere Vorfahren verehrten die Sonne. In Ägypten schrieb der Pharao Echnaton (+ ca. 1335 v. Chr. G.) einen Hymnus an die Sonne; sie hat alles geschaffen, sie umarmt alles mit ihren liebenden Strahlenhänden. In Ägypten sprach man auch von der geflügelten Sonne und meinte die Sonnenkorona. Darin zeigt sich etwas von ihrem Wesen; es liegt nicht im Kern, sondern an der Peripherie.

Eos

Die Griechen verehrten die Morgenröte, die strahlenfing­rige Eos.

Fragt man Kinder: „Wo ist der Mond?“, so zeigen sie mit dem Finger auf ihn; fragt man sie: „Wo ist die Sonne?“, so strecken sie die Arme aus, beschreiben mit beiden Hän­den einen Kreis und rufen: „Da!“ Ähnliches spiegelt sich auch in ihren Zeichnungen wider. Sie malen Sonnen­strahlen durchs ganze Bild.

„Die Sonne scheint nicht nur dort, wo sie ist, sie ist auch dort, wo sie scheint.“ (Friedrich Wilhelm Joseph Schelling 1775-1854) Sie ist allgegenwärtig und umfaßt das gesamte Planetensy­stem. Man kann sie selbst nicht begrei­fen, weil sie selbst alles umgreift. Der Mensch lebt auf der Erde, aber in der Sonne. Ein Sonnentag tut uns gut, und wir suchen das Licht der Sonne. Wir leben und bewegen uns im Inneren des Sonnensternes. Die Sonne selbst weist jeden Versuch, in der Scheibe et­was Wesentli­ches zu sehen, durch ihre augenfeindliche Blendkraft zu­rück.

Prometheus

Der Göttervater Zeus verweigerte Prometheus’ Schützlingen, den Sterblichen, das Feuer, weil Prometheus ihn bei einem Tieropfer mit einer List getäuscht hatte. Prometheus raubte daraufhin den Göttern das Feuer und brachte es den Menschen. Zur Strafe verbannte Zeus ihn für lange Zeit auf die Erde, indem er ihn an einen Felsen im Kaukasus schmiedete, wo er unsägliche Qualen erleiden mußte.

 

Eine Gegenbewegung zum Raub des Feuers ist das Feuer der Liebe im Brand­opfer. Das Opfer­feuer gewann man früher durch ein Brennglas, holte es also vom Himmel. Die Gabe wird durch das Verbren­nen vollkommen gereinigt und dadurch wür­dig für die An­nahme durch Gott. Aus dem Feueropfer entsteht etwas Zeitloses, was sich nicht mehr überwinden läßt. Das scheint heute noch auf im Opferfeuer des Weihrauchs. Das Herz Jesu nennen wir unter anderem „Gottes Opferbrand“. Das Abbrennen von Kerzen während der Eucharistiefeier weist ebenfalls auf den Opfercharakter hin; denn das Kerzenlicht entsteht nur durch das Opfer des Wachses.

Vestalin

 

Im alten Rom gab es jungfräuliche Priesterinnen, die Ve­stalin­nen; diese hüteten das Feuer der Göttin Vesta. „Das gewöhnliche Leben ist ein Priesterdienst, fast wie der vestalische. Wir sind mit nichts als mit der Erhal­tung einer heiligen und geheimnisvollen Flamme beschäftigt. Es hängt von uns ab, wie wir sie warten und pflegen. Sollte die Art ihrer Pflege vielleicht der Maßstab unserer Treue, Liebe und Sorgfalt für das Höchste, der Charakter unsere Wesen sein?“ (Novalis 1772-1801)

Feuer ist ein Bild für die Liebe; denn es schafft in der Asche Unzerstörbares. Wie die Vestalinnen in der Antike das Feuer der Göttin Vesta hüteten, so muß der Mensch die Flamme des Feuers hüten, damit sie ihm nicht zum Verderben wird.

Die drei Männer im Feuerofen verbrennen nicht, weil sie schon durch das Tor des Feuers gegangen sind und geläutert sind wie Asche. Da diese nichts Brennbares mehr ent­hält, hat sie reinigende Kraft.

Was bedeutet es für unser kollektives Unbewußtes, daß unsere Vorfahren die Sonne verehrten? Wie bringen wir die Sonne und Christus in Zusammenhang? In dem Lied Sonne der Gerechtigkeit rufen wir Christus als Sonne an. Kann es gelingen, Naturwissenschaft und kollektives Unbewußtes zusammenzubringen?

Wie erfahren wir Feuer?