
Gedanken zu Lesefrüchten (25.2.2019)
Wenn ich etwas Neues sehe, bringe ich es manchmal mit etwas mir Bekanntem in Verbindung. So ist es auch beim Lesen. Das Gelesene kann etwas zum Ausdruck bringen, was ich schon immer gedacht habe, nur so noch nicht formulieren konnte. Gleichzeitig entsteht ein Nachdenken, das mich zu weiteren Erkenntnissen führt.
Zum 90. Geburtstag von Klaus von Dohnanyi heißt es in der F.A.Z. vom 23. Juni 2018, sein Vater habe ihm, dem damals 15jährigen Sohn, 1943 in einem Brief aus der Haft geschrieben, „das Schönste, was ein Mann von seinem Beruf sagen könne, sei, dass er sich aus innerem, nicht auf Intellekt beruhendem Antrieb dazu berufen fühle“.
Ich bin von meiner Struktur her „ein Macher“, was ich in meiner Jugendzeit auch bewiesen habe. In der Nachkriegszeit, als nur aus Trümmerteilen etwas zu gestalten war, habe ich aus verstreuten Militärrückständen einen Detektor gebastelt, mit dem ich, indem ich ihn mit einem Kabel an eine Heizung angeschlossen habe, den nächstgelegenen Radiosender hören konnte. Mit einem Vergrößerungsglas und einer Glühbirne habe ich einen Projektor hergestellt und vieles mehr.
Als Pfarrer einer Gemeinde wäre ich auch als Priester ein Macher geblieben; denn dort heißt es unter anderem: „Wer macht die Messe?“ ... „Wer macht die Fürbitten?“... Als Kaplan konnte ich ohne Zustimmung des Pfarrers nicht viel selbständig machen, sondern nur Vorgegebenes ausführen. Das änderte sich an meiner zweiten Kaplansstelle, wo ich mit „meinem Machen“ den Pastor herausforderte, der mich dann auch „machen“ ließ.
Dann wurde ich Spiritual – geistlicher Begleiter – für Theologiestudenten. Diese Aufgabe habe ich 18 Jahre im Collegium Borromaeum in Münster wahrgenommen. Nun bin ich Pensionär und nach wie vor Spiritual. Viele Menschen von nah und fern kommen zu mir zum Gespräch und vertrauen sich mir an. Da gibt es nichts zu „machen“, wenn das Gespräch hilfreich sein soll. Ich verlasse mich auf das, was mir eingegeben wird und wundere mich, wie oft ich mit dem, was ich sage, ins Schwarze treffe. Ich habe gelernt, meiner Intuition zu folgen.