
Gedanken zu Lesefrüchten (4.2.2021)
Wenn ich etwas Neues sehe, bringe ich es manchmal mit etwas mir Bekanntem in Verbindung. So ist es auch beim Lesen. Das Gelesene kann etwas zum Ausdruck bringen, was ich schon immer gedacht habe, nur so noch nicht formulieren konnte. Gleichzeitig entsteht ein Nachdenken, das mich zu weiteren Erkenntnissen führt.
Jenseits des Atoms
Der Begriff Atom leitet sich vom altgriechischen Adjektiv ἄτομος átomos = unteilbar ab. Man hielt das Atom für den kleinsten Baustein, aus dem die Erde und auch alles darüber hinaus bestünde. Inzwischen weiß die Wissenschaft, daß sich hinter dem Atom noch ein ganzes Universum befindet, dessen Existenz nicht mehr mit Worten, sondern nur noch mathematisch zu beschreiben ist.
Ich habe den Eindruck, daß manche Quantenphysiker wie zum Beispiel Hans-Peter Dürr (1929-2014) oder Werner Heisenberg (1901-1956) gläubiger sind als die Theologen; denn sie haben begriffen, daß es etwas gibt, was nicht zu beschreiben ist. Es geht um die Transzendenz, die wir Gott nennen. Sie ist nicht zu beweisen, sondern nur im Glauben erfahrbar.
Christine Mann (* 1944), die Tochter von Werner Heisenberg und ihr Ehemann Frido (* 1940), ein Enkel von Thomas Mann, zeigen in ihrem gemeinsam verfaßten Buch „Es werde Licht. Die Einheit von Geist und Materie in der Quantenphysik“, laut Buchbeschreibung „wie der Umbruch in den Naturwissenschaften durch die Quantentheorie gravierende – und gute – Folgen für unser Denken und Handeln hat: Der Gegensatz von Idealismus und Materialismus wird überwunden, eine ganzheitliche Sicht der Welt und des Menschen wird möglich. Eine verständliche Erklärung der bahnbrechenden Einsichten der Quantentheorie und ein eindringlicher sowie persönlicher Aufruf zu einem neuen Menschenbild in der Naturwissenschaft“.
Wir müssen aufhören, uns ein Bild von Gott zu machen. Er ist nicht irgendwo, er ist in uns, und wir sind in ihm.
Siehe auch das Interview von Stephan Lebert mit Christine und Frido Mann unter dem Titel „Die Quantenphysik lässt den Schluss zu ... “ „ ... dass schon das Denken die Realität verändert“ in ZEIT Wissen Nr. 3/2017 vom 25. April 2017 auf ZEIT ONLINE vom 27. Juni 2017 und die Rezension des Buches von Eckard Löhr unter der Überschrift „Im Anfang war die Quanteninformation“ vom 24. Februar 2017 auf Spektrum.de.
Nadja Podbregar berichtete am 19. Januar 2021 in dem Wissensmagazin „SCINEXX“ unter der Überschrift „Helium-Klumpen im Atomkern - Experiment belegt Existenz von Alphateilchen in schweren, neutronenreichen Atomkernen“ über den Aufbau der Atome. In den einleitenden Zeilen heißt es: „Klumpiger Kern: In Atomkernen liegen die Protonen und Neutronen nicht ungeordnet vor, sondern bilden Strukturen. Ein Experiment bestätigt nun, dass sich dabei auch Heliumkerne aus zwei Protonen und zwei Neutronen bilden – und dass sie bei schweren, neutronenreichen Atomkernen direkt unter der Kernoberfläche liegen. Das könnte bestimmte Zerfallsformen erklären, aber auch das Innenleben von Neutronensternen, wie die Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten.“
Das Internetportal Welt der Physik veröffentlichte am 1. Februar 2021 unter der Überschrift „Wir gehen an die Grenzen der Nuklidkarte“ einen Bericht von Dirk Eidemüller. Unter anderem geht es um den Aufbau der Atome. In den einleitenden Zeilen heißt es: „Alle bekannten Atomkerne und ihre Eigenschaften sind in der sogenannten Nuklidkarte verzeichnet. Dazu zählt etwa die Stabilität eines Atomkerns, die von Protonen- und Neutronenanzahl abhängt. Abseits dieser Stabilitätslinie sind Kerne meist instabil – sie können also radioaktiv zerfallen. Mit neuen theoretischen Methoden haben Physiker diese Eigenschaften nun von fast 700 verschiedenen Atomkernen vorhergesagt und überprüft, ob sie existieren können. Im Interview mit Welt der Physik berichtet Achim Schwenk von der Technischen Universität Darmstadt, wie sich daraus sogar auf die Größe von Neutronensternen rückschließen lassen könnte.“
Ähnlich wie mit dem Atom geht es uns mit dem Urknall, den wir als Anfang der Schöpfung betrachten. Das ist sicher nicht ohne Belang, aber das, was da geknallt hat, muß vorher schon existiert haben. Als Urknall bezeichnet die Kosmologie den Beginn des Universums, also den Anfangspunkt der Entstehung von Materie, Raum und Zeit. Der Urknall ereignete sich vor etwa 13,8 Milliarden Jahren. Urknalltheorien beschreiben nicht den Urknall an sich, sondern das frühe Universum in seiner zeitlichen Entwicklung nach dem Urknall.
Hier stoßen wir wieder auf das Unbegreifliche, das wir Gott nennen.
Siehe auch Impuls vom 28. Oktober 2020 – Was war vor dem Urknall?
und
den Artikel von Lars Jaeger „Die zweite Quantenrevolution: Große Macht – Wie eine Theorie des Mikrokosmos unsere Welt veränderte“ auf Spektrum.de vom 6. Januar 2021.