1.9.2021

„Geld regiert die Welt“ (2)

Geld beinhaltet mehr als Reichtum und Nützlichkeit

Der Ursprung des Geldes liegt im Weggeben. Das erste Muschelgeld diente somit vermutlich nicht nur dem Handel, sondern auch dem Opfer. Allerdings war es kein Zeichen von Großzügigkeit oder Freundlichkeit; es diente quasi als Giftbehälter, in das der Mensch alle negativen Gefühle stecken konnte; wir nennen das heute projizieren; wodurch der Mensch sich seiner negativen Gefühle entledigt. Solche Opfergeschenke machte man Menschen oder Göttern, die stark genug waren, das Gift zu verdauen. Noch heute zeigt sich, wer uns von unserem schlechten Gewissen reinigt, hat das größte Prestige.

Daß Geld und Opfer zusammengehören, zeigt sich auch darin, daß man das ursprüngliche Metallgeld aus den Spießen fertigte, mit denen man Opfertiere gebraten hatte, oder aus den Äxten, mit denen man sie getötet hatte. Denjenigen, der solch heiliges Geld gegen Gebrauchsgüter eintauschte, sah man als vergiftet an. Das mag auch in bezug auf die Beargwöhnung der Juden noch eine Rolle gespielt haben, obwohl ihnen nichts anderes als der Geldhandel übrigblieb, da ihnen im Mittelalter durch das Zunftwesen ein Handwerk nicht möglich war.

Im Umgang mit Geld gibt es eine interessante Entwicklung vom Geldverbot zum Geldverleih. Im Mittelalter galt jemand, der Geld gegen Zins verlieh, als Wucherer, später wurde diese Art des Vorgehens eine Basis des Kapitalismus. Die Kirche verbot ursprünglich jeden Geldverleih gegen Zins. Im 13. Jahrhundert aber wurde dem Wucherer eine mildere Strafe angedroht als die Höllenqualen, er kam nur ins Fegefeuer. Der Geldhändler konnte sein Vermögen behalten und trotzdem ins Ewige Leben gelangen. Heute hat die Kirche eigene Banken.

Psychohistoriker haben entdeckt, daß wir auch heute noch, wenn es uns zu gut geht, unbewußt Schuldgefühle haben; diese kommen aus dem Über-Ich. Dann müssen Güter zerstört werden. Das kann durch einen Krieg geschehen oder auch durch eine wirtschaftliche Rezession oder sogar eine Wirtschaftskrise. Wir kennen das Sprichwort „Wenn es dem Esel zu gut geht, dann geht er aufs Eis“. Hier zeigt sich erneut, daß das erste Geld Opfergeld war und dazu diente, unerträgliche Schuldgefühle abzutragen. So könnte man heute auch die ungeheuren Vernichtungsrituale vom Börsencrash bis hin zum Krieg erklären. Man beginnt einen Krieg nicht aus einem Gewinntrieb heraus, sondern aus dem Drang nach Selbstzerstörung. Die Selbstzerstörung dient als Reinigungsprozeß, der eine Zeitlang anhält, bevor wieder ein neuer Wohlstand aufgebaut wird, von dem man sich dann wieder lösen muß. So ist auch das Bezahlen einer Dienstleistung eine Auslösung, oft sogar eine richtige Erlösung von Schuld.