Gott als Mensch auf dieser Erde
Die Kindheit des Erlösers ist ganz wesentlich für das Erlösungswerk Gottes. Der Benediktinermönch Anselm von Canterbury (um 1033-1109) verfaßte das Werk „Cur Deus homo – „Warum Gott Mensch wurde“. Wir könnten fragen: „Cur Deus infans?“ – „Warum wurde Gott ein Kind?“ Gotteswort wollte hörbar werden, und zwar zunächst als ein noch nicht sprechendes Kind. Ruth Schaumann (1899-1975) formulierte: „Maria, dein Kind noch nichts mit Worten sagt, ist selbst ja Wort der Worte!“
Warum tritt Christus nicht gleich wie Adam als reifer Mann auf? Die Wirklichkeit seines Menschseins ist glaubwürdiger, wenn er alle Entwicklungsstufen des menschlichen Lebens durchmacht. So muß er mit dem Kindsein beginnen. Es verdeutlicht seinen Zusammenhang mit dem Adamsgeschlecht. Er will unser Bruder sein in allen Lebenslagen, und zwar von Kindheit an. Gott hat sich in die Ohnmacht und Kleinheit eines neugeborenen Kindes begeben.
Vor einem Kind hat man keine Angst, vor einem Mann hätten wir uns vielleicht gefürchtet. Der Grundsatz der Heilsgeschichte besagt: In der Schwachheit liegt die Kraft. Der Sohn Gottes wollte uns zum geistlichen Kindsein erziehen; das ist die Bedingung für die Aufnahme in sein Reich: „Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen.“ (Mt 18,3)
Weihnachten könnte helfen, zum Kind zu reifen, indem wir selbst den Weg in die Kindheit finden, ohne kindisch zu werden.
Der Kernpunkt unseres Glaubens ist die Auferstehung Jesu am Osterfest, aber diese hat uns erst seine Geburt ermöglicht, die wir an Weihnachten feiern.
In unserer Gesellschaft sind die meisten Menschen der Auferstehung näher als der Geburt. Lassen wir uns zurückfallen in die Zeit, als wir noch ans Christkind glaubten.