
19.2.2020
Haben und Sein
Wir drücken uns vorwiegend in den Kategorien des Habens aus. Das führt zu einer Hilflosigkeit allem gegenüber, was nicht erworben wurde. Die Sprache des Seins ist dem gegenüber ein hilfloses Gestammel.
Vom Haben zum Sein zu kommen, ist nicht leicht. Der Umgang mit Besitz und Reichtum sollte nach der Devise geschehen: Nicht „Alles haben“, sondern „Ganz sein“. Häufig will man das, was man nicht hat. Manche Menschen scheuen sich, mehr zu wollen, als sie bereits haben. „Haben“ vermindert sich im Gebrauch, „Sein“ dagegen vermehrt sich. Es gibt genug für die Bedürfnisse aller Menschen, aber nicht genug für die Gier eines einzigen. Nichts ist genug für den, dem genug zu wenig ist.
Die Existenz des „Habens“ ist das Übel unserer Zivilisation, die des „Seins“ eine Möglichkeit für ein erfülltes, nicht entfremdetes Leben.
Nach Jean-Jacques Rousseau ist die Gleichheit der Menschen seit der Einführung von Arbeitsteilung und Privateigentum dem Konkurrenzkampf der Besitzverhältnisse ausgesetzt. Die ursprünglich gute Selbstliebe schlug in Selbstsucht um.
Das Ziel des Menschen sollte darin bestehen, sich von der Existenzweise des Habens zu befreien, um zum vollen Sein zu gelangen. Es gilt das Pauluswort: „Haben als hätte man nicht.“ (1 Kor 7,29-31)