26.11.2021

Handgeschriebene Briefe finden sich selten im Briefkasten, manchmal aber auf dem Dachboden

Auf Weihnachten zu mag sich da einiges ändern. Vielleicht wird mancher Weihnachtsgruß doch noch mit der Hand geschrieben. Aber was muß dabei alles bedacht werden! Einige Menschen formulieren zunächst etwas vor. Dann heißt es, feines Papier zu suchen und einen guten Stift zu verwenden. Außerdem braucht man noch einen passenden Briefumschlag und eine Briefmarke, ehe man sich dann endlich auf den Weg zu einem der inzwischen oft spärlich gesäten Briefkästen begeben kann. So wundert es nicht, daß vermutlich die meisten Menschen auf digitale Medien zurückgreifen.

Wie viele Briefe, die vielleicht schon manchen Umzug überstanden haben, mögen wohl unbeachtet auf Dachböden liegen? Vielleicht sogar die Liebesbriefe der Eltern in einem Päckchen mit rotem Schleifchen.

Als immer mehr Menschen lesen und schreiben konnten, bediente man sich, vor allem wenn man weit voneinander entfernt wohnte, des Briefeschreibens, um sich untereinander auszutauschen. „Briefe gehören unter die wichtigsten Denkmäler, die der einzelne Mensch hinterlassen kann. Der Brief ist eine Art Selbstgespräch“, formulierte Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832). Er selbst soll an die 20.000 Briefe geschrieben haben.

Juni 1940 – Hans-Karl und Luise

Hans-Karl Seeger:
Familie Barthel wohnte als Mieter oben bei uns im Haus, und ihre Tochter Luise war meine Sandkastenfreundin.

Als mein Vater 1940 in Frankreich war, haben sich meine Eltern fast jeden Tag geschrieben.  Dieser Briefwechsel ist vollständig erhalten. Ich bin meinen Eltern sehr dankbar, daß ich so die Möglichkeit habe, unter anderem nachzulesen, was ich als Vierjähriger alles angestellt habe. Wo könnte ich sonst so viel über meine Kindheit in der Kriegszeit erfahren?

21. November 1940 - Brief meiner Mutter

Hans-Karl baden macht mich sehr müde. Den ganzen Tag sagte er, ach Mutti, warum denn schon wieder baden. Und ehe ich ihn dann mal in der Wanne habe. Aber was das Schönste ist, am Schluß will er nie heraus. Und selbst prahlt er damit. Und weißt du was er sagt: „So ist das immer, zuerst wollen sie nicht hinein und nachher nicht heraus.“

Siehe auch Vita Teil 1
und
Themenfeld Schreiben.