11.7.2023

Haß

Haß ist eine der sieben Todsünden. Gott haßt die Sünde, aber er liebt den Sünder.

Wer sündigt, schadet am meisten sich selbst. Er macht sich blind. So sprechen wir vom blinden Haß und von blinder Wut.

Haß ist das Gegenteil von Liebe. Manchmal wandeln sich Enttäuschungen in der Liebe in massiven Haß, vor allem wenn sie überaus intensiv war. Durch seinen Haß will sich der Mensch Befriedigung verschaffen. Aber er erreicht das Gegenteil. Die Liebe dagegen würde beiden helfen, dem Geliebten und dem Liebenden.

Der Fremdenhaß ist die projektive Ausdrucksform für das Fremdgewordene in uns selbst, also für das ursprünglich Eigene, das wir aber nicht leben und auch nicht wahrhaben wollen.

Der Haß auf die anderen ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst. Weltweit hassen die Menschen, und ihr Haß richtet sich oft ohne nachvollziehbare Begründung gegen die Fremden. Zeigt sich hier womöglich ein biologisches Erbe des Menschen, da dieser Haß in immer neuem Gewand auftritt?

Es liegt vermutlich daran, daß wir uns als vereinzelte Individuen sehen, die untereinander in einen Machtkampf verstrickt sind. Wir sollten uns aber als Organe eines Leibes wahrnehmen, die aufeinander bezogen und angewiesen sind; denn aus Gier und Haß entsteht das Leiden.

Der Selbsthaß des Konsumfanatikers giert unersättlich immer weiter in eine Welt hinein, die man auspreßt bis zum Äußersten. Und sie wird nie geben, was man ihr abverlangt, nämlich einen Funken Glück; denn dieser ruht nicht in den Dingen, sondern in der Schau der Dinge, in ihrem Wesen.

 

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust.