Heiliger Stephanus
Das heutige Fest des hl. Stephanus, des ersten Martyrers der Christenheit, korrigiert unsere Vorstellung von Weihnachten. Es hängt eine Wolke über der Krippe.
Nicht selten verkommt Weihnachten zur Idylle: Süß bis verkitscht, zumindest friedlich und freudevoll, so möchten wir es erleben, so wünschen wir uns die Wirklichkeit. Aber diese sieht ganz anders aus, sowohl früher als auch heute, und vor allem damals in Bethlehem.
Bei Stephanus fliegen die Steine wie heute bei Demonstrationen. Zu keiner Zeit wurden so viele Christen wegen ihres Glaubens umgebracht wie heute.
Das Lied von der stillen, heiligen Nacht wird in vielen Teilen der Erde begleitet vom Donner der Kanonen! Politiker spielen mit dem Feuer, so daß aus Kanonen Atomwaffen werden können. Wir fragen uns, wie Gott da zusehen kann.
Der Theologe Ernst Troeltsch (1865-1923) meint, Gott gebe jedem Einzelnen einen je eigenen, ganz persönlichen „Halt in der Unendlichkeit des Universums und der Unbegreiflichkeit des Daseins“.
Der Gegensatz der beiden Weihnachtsfesttage ist vermutlich auf eine Spaltung und Spannung innerhalb des Göttlichen selbst zurückzuführen. Wir erleben das in der Diskussion über die Vaterunser-Bitte „Und führe uns nicht in Versuchung“. Wir haben den Eindruck, diese Bitte zu verharmlosen, wenn wir zu beten wagen: „Und führe uns in der Versuchung.“ Diese Formulierung entspricht eher dem Aramäischen, der Sprache, die Jesus gesprochen hat. In Frankreich lautet diese Bitte seit dem 1. Adventssonntag 2017: „Laß uns nicht in die Versuchung eintreten.“ Im Italienischen heißt es: „Überlaß uns nicht der Versuchung“, und im Spanischen: „Mach, daß wir nicht in Versuchung fallen.“
Gott stellt uns wohl auf die Probe. Ich persönlich bin froh, daß er bei mir ist, wenn ich zu versagen drohe. Mir gefällt das Gebet aus der Messe nicht, in dem es heißt: „Schau nicht auf unsere Sünden.“ Was kann ich mehr wünschen, als daß ich immer in Gottes Blick bin.
Stephanus hält durch und verrät seinen Glauben nicht. Er wird belohnt: Er sieht den Himmel offen. Ob auch uns etwas davon zuteil wird?
Predigt in Billerbeck