15.3.2019

Im Zeichen der Fische

Vom 20. Februar bis zum 20. März regiert am Himmel als zwölftes Zeichen des Tierkreises das Sternbild Fische. Laut Überlieferung verwendete man vor dem Kreuz als christliches Erkennungszeichen das Zeichen des Fisches. Das griechische Wort für Fisch ἰχθύς (ichthýs) bildet mit seinen fünf Buchstaben ein Akrostychon, einen Merksatz. Dieser enthält ein kurzgefaßtes Glaubensbekenntnis (ησοῦς Χριστός Θεοῦ Υἱός Σωτήρ):

  • ΗΣΟ˜ΥΣIēsoũs (neugr. Ιησούς Iisoús) Jesus
  • ΧΡΙΣΤῸΣChristós „Christus“ (der Gesalbte)
  • ΘΕΟ˜ΥTheoũ (neugr. Θεού theoú) Gottes
  • ΥἹῸΣ — Hyiós (neugr. Υιός Iós) Sohn
  • ΣΩΤΉΡSōtḗr (neugr. Σωτήρας Sotíras) Erlöser

Im frühen Christentum spielte das Symbol des Fisches eine wichtige Rolle und war eng mit der Eucharistie verbunden. Folgende Darstellung erinnert an die wunderbare Vermehrung der fünf Gerstenbrote und der zwei Fische zur Speisung der Fünftausend (Joh 6,1-15).

Eucharistische Fische, Wandmalerei aus der Calixtus-Katakombe in Rom, 2./3. Jahrhundert

Eine alte Geschichte erzählt:
Die Fische eines Flusses sprachen zueinander: „Man be­hauptet, unser Leben sei vom Wasser abhängig. Aber wir haben noch niemals Wasser gesehen. Wir wissen nicht, was Wasser ist.“
Da sagten einige, die klüger waren als die anderen: „Wir ha­ben gehört, im Meer lebe ein gelehrter Fisch, der alle Dinge kenne. Laßt uns zu ihm gehen und ihn bitten, uns das Wasser zu zeigen.“ So machten sich einige auf, und als sie endlich ins Meer kamen, frag­ten sie den weisen Fisch.
Als dieser sie angehört hatte, sagte er: „Oh ihr dum­men Fi­sche! Im Wasser lebt und bewegt ihr euch doch! Aus dem Was­ser seid ihr gekommen, zum Wasser kehrt ihr wieder zurück. Ihr lebt im Wasser, aber ihr wißt es nicht!“

Der Theologe, Priester, Seelsorger und Biologe Ulrich Lüke (*1951) vergleicht die Gottsuche und Gotteserkenntnis im Horizont wissenschaftlicher Welterfahrung mit der Fischerei:
Mit keiner noch so denkbar kleinen Maschengröße des Netzes fischt man das Meer als solches. Man fängt und sieht als Ergebnis allein die Meerestiere, in unterschiedlicher Größe, je nach Vorauswahl und Fangmethode. Und doch ist das Meer, das wir durchkämmen, ohne es selbst einzusammeln, die Bedingung der Möglichkeit für den Fang. Ähnlich verhält es sich mit Gott. Er ist wie das Meer. Ohne ihn gibt es den Fang nicht, nicht den der Wissenschaft, nicht den Fang dessen, was wir täglich sehen, betrachten, erfahren. Daher brauchen wir eine größere Weisheit als die, die wir empirisch-methodisch anwenden.

 

ἰχθύς (ichthýs) ΖωΝΤωΝ – Fisch der Lebendigen

 

 

 

Epitaph einer Christin namens Antonia mit Anker als Symbol für das Kreuz und zwei Fischen als Symbol für den Leib Christi in der Domitilla-Katakombe in Rom