
Impuls zum 16. Sonntag im Jahreskreis A (19.7.2020)
Die Saat des Sämanns fällt auf verschiedenen Boden
Schriftstellen:
Erste Lesung: Weis 12,13.16-10
Zweite Lesung: Röm 8,26-27
Evangelium: Mt 13,24-43
Jeder Mensch hat ein gutes und ein böses Herz. Die „gute Mutter“ und die „böse Stiefmutter“ gibt es nur im Märchen. In der Realität des Lebens gibt es leibliche Mütter, die ihre Kinder quälen und töten, und es gibt Stiefmütter, die ihre Pflegekinder fürsorglicher behandeln als es die leibliche Mutter tun könnte.
Eine Geschichte erzählt:
Ein Torhüter wird von einem Freund am Tor besucht. Dieser schaut zu, wie er seine Aufgabe wahrnimmt. Er bekommt die Gespräche mit, die der Torhüter mit den Besuchern der Stadt führt. Der erste Gast sagt: „Bei mir zu Hause sind die Menschen böse.“ Der Torhüter antwortet: „Hier sind sie es auch.“ Dann kommt ein zweiter Gast und sagt: „Bei mir zu Hause sind die Menschen gut.“ Der Torhüter antwortet: „Hier sind sie es auch.“ Da fragt ihn der Freund: „Wie kannst du verschiedene Antworten geben über deine Landsleute?“ Der Torhüter antwortet: „Sie sind beides!“
Zu einem Getreidefeld gehören Weizen und Unkraut, wobei Unkraut schon eine abwertende Bezeichnung für das ist, was wir auch „Wildkraut“ oder „Beikraut“ nennen könnten. Jeder Pflanze ist zum Wachsen als Notwendigkeit ein Beikraut zugesellt, und das eine kann nicht gedeihen ohne das andere. Erst wenn das Beikraut verteufelt wird, wird es zum Unkraut – und das soll dann vernichtet werden. Uns hilft ein Unkrautvernichtungsmittel, aber die Langzeitwirkung ist schrecklich. Am Ende hat der Boden so viel Gift gesammelt, daß nichts mehr gedeihen kann. Vielleicht aber sind die Unkräuter nur Pflanzen, deren Nutzwert zum Beispiel als Heilpflanze nicht erkannt wird.
Jesus hat diese Wahrheit ausgesprochen in Gleichnissen vom Unkraut unter dem Weizen. Und er sagt: „Der Vater im Himmel läßt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten, und er läßt regnen über Gerechte und Ungerechte.“ (Mt 5,45)
Am Ende der Bergpredigt (Mt 5ff) heißt es immer wieder: „Ihr habt gehört, daß gesagt worden ist: ... Ich aber sage euch.“ Vermutlich kannten die Menschen früher vorwiegend nur schwarz oder weiß, ohne einen Mittelweg zu sehen. Jesus aber erwartet von seinen Jüngern, daß sie ihre Feinde lieben (vgl. Mt 5,43).
Die beste Art, einen Feind in einen Freund zu verwandeln, besteht darin, ihn besser kennenzulernen.
Wie steht es mit dem Unkraut in unserem eigenen Garten? Haben wir genausoviel Geduld wie Gott?