In der Spannung des „Sowohl – als auch“ leben
Die Spannung zwischen Gottes- und Nächstenliebe läßt sich nicht aufheben; denn man kann die sozialen Beziehungen nicht ganz in der Gottesbeziehung aufgehen lassen, und umgekehrt ist es auch nicht möglich. Im Antlitz des Menschen und der Welt sollen wir Gottes Antlitz erkennen, um dadurch den rechten Blick für den Menschen und für die Welt zu gewinnen. Das aber bedeutet eine permanente Spannung.
Das Einfache ist von vornherein da, es entsteht nicht. Das gilt für Gott. Werdendes dagegen zeigt sich zweifach, und das gilt für uns Menschen. Unsere Aufgabe besteht darin, die Gleichwertigkeit der Pole zu akzeptieren und sie in Balance zu halten.
Es geht um eine Lebensauffassung, die auf der Spannung der Gegensätze beruht, einer zwischen dem unendlich Großen und dem unendlich Kleinen angesiedelten Spannung. Die Kirche sollte die „coincidentia oppositorum - den Zusammenfall der Gegensätze“ des Nikolaus von Kues (1401-1464) als eine katholische, im Sinn von „allumfassende“ Denkströmung und als Instrument, durch das Gottes Geheimnis eint, was auf der Ebene der Natur unvereinbar scheint, verstehen. Es geht um eine Einheit, die die Unterschiede aufrechterhält ohne den Anspruch, sie aufzuheben.
Wir können Gott um Genesung bitten, sollten aber unsere Selbstheilungskräfte nicht vergessen.
Beim Leben im „Sowohl als auch“ lautet eine Antwort auf die Frage: „Warum gibt es das Böse?“ „Damit es die Freude am Guten verstärkt.“