
28.5.2019
Konfliktfähigkeit
Unterschied zwischen Beziehung und Sache
Wo Menschen alleine leben – ihre Zahl steigt in Deutschland von Jahr zu Jahr – und wo sie alleine arbeiten, mag es friedlich zugehen, ohne Konflikte und Streit. Aber die Menschen suchen in der Regel Gemeinschaft. Wo Menschen zusammenleben und miteinander zu tun haben, ist das Gemeinsame oft ein Gewinn an Lebensqualität, doch wenn es hier und da zu Reibereien kommt, was nicht ungewöhnlich ist, können diese das Leben auch erschweren. Für Menschen, die Schwierigkeiten haben, Konflikte auszuhalten, mag das nicht einfach sein; für Konfliktfreudige hingegen stellt ein kleiner Streit durchaus ein belebendes Element dar.
In der Verständigung unter Menschen gibt es zwei wichtige Ebenen, die sich sehr voneinander unterscheiden, die Beziehungsebene und die Sachebene. Einerseits geht es um die Beziehung untereinander, andererseits um eine Sache, in der zwei Personen unterschiedliche Standpunkte vertreten.
Wenn es Konflikte zwischen Menschen gibt, handelt es sich selten nur um Meinungsverschiedenheiten oder um unterschiedliche Auffassungen in einer Sache, oft verbergen sich dahinter ganz andere Probleme, wie zum Beispiel Rivalität „Wer ist besser?“ oder Macht „Wer hat es hier zu sagen?“
Es lohnt sich bei solchen Konflikten, viel Zeit in die Beziehung zu investieren, auch wenn es in der Sache nicht weitergeht. Christlicher Anspruch mag verlangen, daß es unter Christen keinen Streit geben dürfe. Das wäre aber unrealistisch. Christen haben die Pflicht, eine gute Streitkultur zu entwickeln, die sie fähig werden läßt, einen ausgebrochenen Streit gut zu beenden. Um zu erkennen, welche Probleme sie in ihrer Beziehung haben, müssen die Streitenden voreinander ihre Gefühle offenlegen und gemeinsam anschauen. Wenn sich die Probleme dann klären, schwindet meist auch der sachliche Auslöser eines Konfliktes. Es kann sogar sein, daß nicht nur der Weg frei wird für eine produktive Arbeit, sondern daß sich aus dem Konflikt auch positive Kräfte entwickeln. Was eine Person alleine nicht zu leisten vermochte, geht dann gemeinsam besser. Strittige Meinungen in einer Gruppe sind oft Voraussetzungen für neue Sichtweisen und neue Fragestellungen. Ohne diese gibt es keine Veränderung, derer der Mensch aber fortwährend bedarf.
Bin ich bereit, mich darauf einzulassen?