
21.4.2020
Lascaux oder die Geburt der Kunst
Vollkommenheit aus dem Nichts
Mit diesen Überschriften betitelte die F.A.Z. vom 3. Dezember 2019 Peter Geimers Rezension des Buches von Georges Bataille.
Georges Bataille
Lascaux oder die Geburt der Kunst
Brinkmann und Bose Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783940048356
Gebunden, 304 Seiten, 39,00 EUR
Link zur Rezension
Angesichts des künstlerischen Schaffens unserer Vorfahren stellt sich die Frage: „Was bilden wir uns heute auf unser Können eigentlich ein?“ Die Menschen vor 17000 Jahren schufen Vollkommenes.
In Nr. 2/2020 vom 12. Januar 2020 brachte CHRIST IN DER GEGENWART auf Seite 24 den Artikel „Spiritualität 40000 vor Christus“.
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In Indonesien sind Forscher auf die bislang ältesten Höhlenmalereien der Welt gestoßen. Die Abbildungen zeigen, dass Menschen von Anfang an kreativ waren – und sich spirituelle Fragen stellten.
Was ein Forscherteam um den Archäologen Maxime Aubert in einer abgelegenen Höhle auf der indonesischen Insel Sulawesi entdeckt hat, machte weltweit Schlagzeilen: ein eindrucksvolles Wandbild, dessen Alter bei einer Uran-Messung auf rund 44 000 Jahre datiert wurde. Damit wäre es das älteste bekannte Beispiel gegenständlicher Malerei überhaupt. Das etwa viereinhalb Meter große Bild zeigt eine Jagdszene, bei der Schweine und Rinder erlegt werden, vermutlich Tierarten, die noch heute auf der Insel heimisch sind.
Auffällig ist die besondere Darstellung der abgebildeten Menschen: Wahrend die Beutetiere verhältnismäßig naturgetreu gehalten sind, wurden ihre Jäger zu Mischwesen aus Mensch und Tier. Einige Figuren sind mit Schnäbeln ausgestattet, andere haben Schnauzen. Für den australischen Archäologen Adam Brumm deutet das auf eine „mythologische oder übernatürliche Bedeutung“ der Darstellung hin. Und das „lange bevor die erste Kunst in Europa gemacht wurde“, wie er in der österreichischen Wochenzeitung „Die Furche“ zitiert wird. Welchem Zweck die Darstellung genau diente, ob die Künstler etwa hofften, durch die Bilder Kraft und Jagdgeschick von Tieren zu erhalten, darüber kann nur spekuliert werden.
Fest steht aber, dass die Verschmelzung von Mensch und Tier ein uraltes Motiv darstellt. Der bisher älteste bekannte Vertreter war der nahe Ulm gefundene „Löwenmensch“, Eine Skulptur aus Mammut-Elfenbein, die einen Menschen mit Löwenkopf zeigt und von einigen Experten auf ein Alter von 40 000 Jahren geschätzt wird. Auch in der bekannten Lascaux-Höhle in Frankreich finden sich Mischwesen – etwa ein Mensch mit dem Kopf eines Vogels. Aus diesen Ähnlichkeiten lässt sich schließen, dass von Anfang an eine transzendente Dimension zur menschlichen Geschichte gehörte, unabhängig vom Kulturkreis. „Die Ureinwohner schufen Kunst, die wahrscheinlich ein spirituelles Denken über die besondere Beziehung zwischen Menschen und Tieren ausdrückt“, sagte Brumm. Wie weit sich dieses Denken zurückverfolgen lässt, soll jetzt weiter untersucht werden. Auf Sulawesi gibt es zahlreiche weitere unerforschte Höhlen, in denen noch ältere Malereien überdauert haben könnten.
Link zur Führung durch die Höhle von Lascaux
Siehe auch Gedanken zu Lesefrüchten vom 21. Oktober 2019 „Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft – anders betrachtet“.