
2.3.2022
Masken nicht nur an Karneval 4
Wir tragen Masken wie ein zweites Gesicht. Mancher trägt viele Masken, je nach den Lebensumständen entscheidet er, welche Maske gerade angebracht ist. Wir lächeln zum Beispiel den Chef an, obwohl wir verärgert sind. Wenn ich alleine für mich bin, fällt mir die Maske vom Gesicht. Ich kann mich aber auch maskieren, um die Maske fallen zu lassen.
Konventionen, Vorschriften und Gesetze verpflichten mich zu gewissen Alltagsmasken. Ich darf mein Gesicht nicht verlieren, wenn ich meine Leidenschaft nicht bremsen kann. Die Alltagsmaske dient als Schutzwall gegen verletzliche Angriffe, weil sie meine innere Unsicherheit vertuscht. Ich vermeide es, mir hinter die Maske/Fassade schauen zu lassen. Aus der Alltagsmaske der Ordnung und Konvention in die Maskenfreiheit fallen zu dürfen, kann Krankheiten heilen.
Durch die Maske bin ich zwar ein anderer, aber auch dieser ist ein Teil von mir, nur unerkannt. Somit kann ich andere necken oder gar erschrecken. In der Maske lebe ich das, was ich immer schon wollte. Einem schüchternen Menschen kann es helfen, mit geheimen Wünschen nach außen zu treten. Wovon er bisher nur geträumt hat, das lebt er jetzt. Die frühere kultische Funktion der Maske wird noch sichtbar, wenn ich mir durch eine Tiermaske etwas aneigne, was ich selbst nicht besitze. Wenn dann die Maske fällt, entweicht alles Heldenhafte.
Die Maske kann verstärken, was in uns angelegt ist. Wer zum Beispiel im Alltag tyrannisiert, tobt sich unter der Maske erst recht aus. Aber auch der Spaßvogel versteckt sich aus Freude hinter einer lustigen Maske, und hinter der Maske eines Griesgrams mag sich auch wirklich ein solcher verbergen.
Eine Maske anlegen kann einen therapeutischen Zweck haben. Wenn Rollen uns einzwängen, müssen wir auch aus der Rolle fallen dürfen, insofern kann Karneval auch als Ausbruch dienen.