6.11.2018

Öffentliches Leben – Privates Leben

In der Regel unterscheiden wir in unserem Leben zwischen „öffentlich“ und „privat“. Wenn in öffentlichen Gebäuden Räume nicht für alle zugänglich sind, lesen wir auf einem Schild „Privat“. Es gibt Zeiten, zu denen das öffent­liche Leben gezwungenermaßen dem Willen der Herrschenden gehorcht und das private von der Furcht vor den Herrschenden beherrscht wird. Man denke nur an die Zeit des Nationalsozialismus oder an das System in der ehemaligen DDR. Aber auch ohne Bespitzelung ist unsere persönliche Freiheit vielfach eingeschränkt. Unter anderem dürfen wir heute ohne behördliche Genehmigung kaum noch einen Baum pflanzen beziehungsweise fällen oder eine Mauer setzen beziehungsweise abbrechen. Solche Vorschriften empfinden manche Menschen als Zensur, fühlen sich fremdbestimmt und damit unfrei.

Es kommt darauf an, zu einer inneren Freiheit zu gelangen und sich von der öffentlichen Meinung unabhängig zu machen. Manche Menschen meinen, sie müßten dazu verrückt werden, dann seien sie frei von all den Zwängen, die ihr Umfeld ihnen auferlege.

Jesus wird von seinen Angehörigen als einer angesehen, der von Sinnen ist, also verrückt. In der Heiligen Schrift heißt es: „Jesus ging in ein Haus, und wieder kamen soviele Menschen zusammen, daß er und die Jünger nicht einmal mehr essen konnten. Als seine Angehörigen davon hörten, machten sie sich auf den Weg, um ihn mit Gewalt zu­rückzuholen; denn sie sagten: Er ist von Sinnen.“ (Mk 3,20f) Das Volk aber erfährt Jesus als einen Menschen, der mit Voll­macht redet. „Und die Menschen waren sehr betroffen von seiner Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, nicht wie die Schriftgelehrten.“ (Mk 1,22; vgl. Mt 7,28f; Lk 4,32)

Ein und dieselbe Person erfahren wir je nach Situation einmal als einen Weisen und und ein anderes Mal als einen Narren. Gehören sie am Ende zusammen und bilden ein unzertrennliches Paar? Wir wollen Weise sein und würden uns nicht beschweren, wenn uns jemand dafür hielte. Was aber machen wir mit demjenigen, der uns für verrückt erklärt? Wer will schon als Narr gelten, außer vielleicht in einem Traum. Muß ich mich für verrückt erklären lassen, um frei zu sein, um Narrenfreiheit zu genießen, oder lebe ich eher nach dem Motto: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert“ (Wilhelm Busch 1832-1908)?

Bin ich eher ein Mensch des Marktplatzes oder ein Mensch der Zelle?