Palmsonntag, 14. April 2019

Bereits die antiken Völker verehrten den Ölbaum, und seine knorrige Gestalt, seine schmalen silberfarbenen Blätter und seine köstliche Frucht werden oft besungen. Die Taube, die Noach verkündete, daß die Erde wieder bewohnbar sei, trug als Zeichen ein frisches Ölbaumblatt im Schnabel. Der Ölbaum ist Symbol für den Frieden. Im Mittelmeergebiet tragen die Menschen bei der Palmprozession oft auch Ölbaumzweige.

Wozu diene ich?

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Palmsonntag ist der letzte Sonntag der Fastenzeit und der letzte Sonntag vor Ostern. Schon eine Woche vor Palmsonntag werden die Kreuze in den Kirchen verhüllt und die Klappaltäre geschlossen. Dies soll an die Leidensgeschichte Christi erinnern und den Charakter der Passions- bzw. Fastenzeit als Zeit der Selbstbesinnung und Reflexion herausstellen. Palmen waren ein Siegeszeichen zu Zeiten des Neuen Testaments; außerdem wurden Palmzweige auf die Straße gelegt, um die Vorbeiziehenden zu ehren.

Der Palmsonntag kennzeichnet den Einzug Jesu in Jerusalem entsprechend der messianischen Weissagung des Königs David:
„Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir. Gerecht ist er und Rettung wurde ihm zuteil, demütig ist er und reitet auf einem Esel, ja, auf einem Esel, dem Jungen einer Eselin.“ (Sach 9,9)

„Als am nächsten Tag die große Menge, die aufs Fest gekommen war, hörte, daß Jesus nach Jerusalem käme, nahmen sie Palmzweige und gingen ihm entgegen und riefen: Hosianna!“ (Joh 12,13)

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Gläubigen treffen sich häufig zuerst vor der Kirche zur Segnung der Palm- oder Olivenzweige. Wo keine Palmen wachsen, nimmt man Palmkätzchen – je nach Region stammen diese Zweige von Ahorn, Birke, Buche, Buchsbaum, Weide, Haselnuss oder Wacholderbeere. Nach der Segnung der Zweige ziehen die Christen in einer Palmprozession in die Kirche. In der Messe verkündet der Priester erstmals in der Karwoche die Botschaft vom nahenden Leiden und Sterben Jesu.

Im Anschluß an die Zeremonie in der Kirche werden die Zweige mitunter aufgehoben und am Aschermittwoch des folgenden Jahres verbrannt. Mit der Asche zeichnen sich die Gläubigen dann an diesem Tag das Kreuz auf die Stirn.

Ähnlich wie damals feiern Christen auf der ganzen Welt den Palmsonntag, manchmal sogar mit einem lebenden Esel. Eine Legende erzählt, der Esel, mit dem Jesus in Jerusalem einreite, sei ein Enkel des Esels, der an der Krippe Jesu gestanden habe und mit dem die Heilige Familie nach Ägypten geflohen sei.

In meinen lange Jahre gehaltenen Osterkursen animierte ich die Teilnehmer, sich mit einer Figur aus der Passionsgeschichte zu identifizieren. Am spannendsten waren die Kurse, in denen sich die Teilnehmer in den Esel versetzten.

Jesus wird von einem Esel zu den Menschen gebracht. Kann ich Jesus zu den Menschen tragen? Kann ich mich wie ein Esel zurückhalten und Gott die Ehre geben, obwohl ich im Gegensatz zum Esel aufrecht gehe?

Eine Wandritzung mit einem Esel aus den Jahren zwischen 238 und 244 zeigt eine Karikatur zur Kreuzigung Jesu am Karfreitag.

Deutung von Pfarradministrator Dr. Dieter G. Jung in seinem Vortrag „Der Kreuzweg in Jerusalem“ in der Pfarrgemeinde St. Franziskus in Schwarzenbach an der Saale

„Ein Gekreuzigter als Inbegriff der Liebe Gottes? Für die Heiden der Antike ist es eine Eselei. Für rechtgläubige Juden und Muslime bis heute ein abwegiger, gotteslästerlicher Gedanke. Für moderne, liberale Erfolgsmenschen eine Peinlichkeit. Für gläubige Christen nach wie vor das Um und Auf ihres Glaubens. Die älteste uns erhaltene Darstellung ist kein frommes Andachtsbild, sondern eine Karikatur aus der Zeit der Christenverfolgung: Eine Wandkritzelei auf dem Palatin in Rom aus dem 3. Jh. zeigt den Gekreuzigten mit Eselskopf, davor einen Beter, darunter die spöttischen Worte: Alexamenos betet seinen Gott an.“ Der heidnische Karikaturist kann offensichtlich nicht verstehen, warum sein Bekannter Alexamenos der Religion des Gekreuzigten nachläuft. Ist Religion nicht dazu da, sich schöne erhebende Gefühle zu verschaffen? Sich von positiven göttlichen Kräften durchströmen zu lassen? Verkörpern die Götter nicht Luxus, Reichtum, Genuss, Lust, Unsterblichkeit? Was soll da eine Hinrichtung am Kreuz? Ein Gekreuzigter ist in den Augen eines tüchtigen Bürgers ein Verbrecher, zumindest ein Versager, jedenfalls ein vom Schicksal Verfluchter und von den Göttern Verlassener. Ein Gott, der sich kreuzigen lässt, muss ein Esel sein.“

Wer alte Sprachen gelernt hat, erinnert sich vielleicht an diese Darstellung im Schulbuch. Hat es unter den Christen wohl einen Aufschrei über diese Karikatur gegeben? Oder haben sie sich eher für ihren Herrn und Meister geschämt, der am Schandpfahl geendet ist?

DOMRADIO.DE vom 13. April 2019 - Am Palmsonntag wird "wild gewunken"