
29.5.2022
Polarität
Das oberste Prinzip des dynamischen Universums ist die Polarität. Das ALLEINE (Gott) ist EINS, die Schöpfung Gottes ist polar, also ZWEI. Die Polarität der Schöpfung ist aber nie im Gleichgewicht.
Gott existiert in seiner Schöpfung und der Schöpfer in ihr, und das in Polarität als Sowohl-als auch: Licht und Dunkel, Leben und Sterben, Trocken und Naß und vieles mehr. Alles hat seinen Sinn und seine Aufgabe.
Zur Polarität des Lebens gehören Anfang und Ende. Es mag sein, daß der Anfang einen Zauber in sich birgt, das Ende aber schrecklich ist. Kann es aber nicht auch umgekehrt sein?
Die zwei Welten bilden eine immer endlos undurchsichtige Polarität; die eine entzündet sich an der anderen. Ich kann sie zwar erhellend einander gegenüberstellen, aber nicht im Denken ihr Sein erkennen.
Ambivalenz ist von Polarität einerseits und Dualismus andererseits zu unterscheiden. Ambivalenz bedeutet: Alles hat seine zwei Seiten; Polarität heißt: Alles steht in Schwingung zu seinem Gegenpol. Dualismus hebt den abgespaltenen Gegenpol einer Sache hervor, und dieser verselbständigte Pol ist eindeutig, also nicht mehr ambivalent.
Mit der Polarität der Schöpfung hängt die Ambivalenz der Dinge zusammen, sie sind immer sowohl – als-auch. Das bringen folgende Sprichwörter gut zum Ausdruck: „Allem Anfang wohnt ein Zauber inne“ – „Aller Anfang ist schwer“. Nicht selten wird das Ende herbeigesehnt, aber auch gefürchtet. Man kann auch mit dem Anfang das Ende im Blick haben, so heißt es zum Beispiel: „Das ist der Anfang vom Ende“.
Das gesamte Dasein zerfällt in polare Gegensätze, zwischen denen der einzelne Mensch sein persönliches Gleichgewicht nur dann findet, wenn er sich inmitten der Pole indifferent, das heißt im wesentlichen neutral, verhält.
Je mehr wir Menschen uns bemühen, die Gegensätze in uns zu vereinen, desto leichter können wir die Spannung der Polarität der Wirklichkeit aushalten und die Entspannung erwarten, die uns im Sterben geschenkt wird.
Wer das Leben sucht, hat sich auch dem Tod verschrieben, bis er von dieser Polarität erlöst wird zu dem, was wir Ewiges Leben nennen.
Am Grab ist für uns Menschen der irdische Pilgerweg zu Ende, aber jenseits des Grabes beginnt etwas Neues. Dort fallen alle Polaritäten zusammen, so auch Weg und Ziel. Jesus hat es erlebt und bringt es uns im Glauben nahe.