
16.6.2023
Schatten - auch in Gott?
Ergänzung zu Ohne Schatten wüßten wir nicht was Licht ist
Wir müssen uns erkennen als Licht- und Schattenwesen, als Apoll und Dionysos.
Eine Geschichte erzählt:
Ein Torhüter wird von einem Freund am Tor besucht. Dieser schaut zu, wie er seine Aufgabe wahrnimmt. Er bekommt die Gespräche mit, die der Torhüter mit den Besuchern der Stadt führt.
Der erste Gast sagt: „Bei mir zu Hause sind die Menschen böse.“ Der Torhüter antwortet: „Hier sind sie es auch.“
Dann kommt ein zweiter Gast und sagt: „Bei mir zu Hause sind die Menschen gut.“ Der Torhüter antwortet: „Hier sind sie es auch.“
Da fragt ihn der Freund: „Wie kannst du verschiedene Antworten geben über deine Landsleute?“ Der Torhüter antwortet: „Sie sind beides!“
Zu einem Getreidefeld gehören Weizen und Unkraut. Jeder Pflanze ist zum Wachsen als Notwendigkeit ein Beikraut zugesellt, und das eine kann nicht gedeihen ohne das andere. Erst wenn das Beikraut verteufelt wird, wird es zum Unkraut, und man setzt Unkrautvernichtungsmittel ein, aber die Langzeitwirkung ist schrecklich. Am Ende hat der Boden soviel Gift gesammelt, daß nichts mehr gedeihen kann.
Vielleicht aber sind die Unkräuter nur Pflanzen, deren Nutzwert zum Beispiel als Heilpflanze nicht erkannt wird. Jesus hat diese Wahrheit angesprochen im Gleichnis „Vom Unkraut unter dem Weizen“:
Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der guten Samen auf seinen Acker säte. Während nun die Menschen schliefen, kam sein Feind, säte Unkraut unter den Weizen und ging weg. Als die Saat aufging und sich die Ähren bildeten, kam auch das Unkraut zum Vorschein. Da gingen die Knechte zu dem Gutsherrn und sagten: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher kommt dann das Unkraut? Er antwortete: Das hat ein Feind getan. Da sagten die Knechte zu ihm: Sollen wir gehen und es ausreißen? Er entgegnete: Nein, damit ihr nicht zusammen mit dem Unkraut den Weizen ausreißt. Laßt beides wachsen bis zur Ernte und zur Zeit der Ernte werde ich den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber bringt in meine Scheune!“ (Mt 13,24-30)
Dieses Gleichnis verweist uns auch auf den bösen Feind. Dieser aber ist nicht nur außerhalb von uns, sondern auch mitten in uns.
Friedrich Trefzer (1934-2017)
Ein Schatten von Gottes Händen
liegt über jedem Ding.
Wie ich's auch dreh und wende,
immer ist Anfang und Ende
in dem geschlossenen Ring.
Hörst du im Geiste nach innen,
weißt du um Bild und Zeit.
Nichts wird im nichts zerronnen,
alles wird Frucht gewinnen,
was wir der Liebe geweiht.