2.7.2023

Schatten und Licht

Ergänzung zu Ohne Schatten wüßten wir nicht, was Licht ist.

Manche Menschen erkennen in der Rückschau auf bestimmte Ereignisse in ihrem Leben, daß der Schatten und die Tiefen, die sie durchmachen mußten, sie letztendlich in ein lichterfülltes Leben führten, und versuchen dieses durch vorausschauendes Handeln beizubehalten, indem sie üben, ihren eigenen Schatten mit einzubeziehen.

In der Geschichte Ijobs gehört der Teufel als beratendes Mitglied zum Hofstaat Gottes (vgl. Ijob 1,6ff).

Der verlorene Sohn erfaßt die Liebe des Vaters tiefer als der daheimgebliebene (vgl. Lk 15,11-32). Ähnliches sagt das Gleichnis vom verlorenen Schaf und von der verlorenen Drachme (vgl. Lk 15,1-9): „Ebenso wird im Himmel mehr Freude herrschen über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die keine Umkehr nötig haben.“ (Lk 15,10)

Augustinus von Hippo (354-439) spricht von der „beata culpa“ - „glücklich machenden Schuld“.

Das Exsultet der Osternacht ruft uns die Botschaft zu: „O felix culpa“ - „O glückliche Schuld“.

Der Philosoph Johann Georg Hamann (1730-1788) formulierte: „Ich wäre zugrunde gegangen, wenn ich den Abgrund nicht kennengelernt hätte.“

Meister Eckhard (1260-1328) schrieb: „Wer recht in den Willen Gottes versetzt wäre, der sollte nicht wollen, daß die Sünde, in die er gefallen, nicht geschehen wäre.“

Ein Sprichwort lautet: „Wem man die Dämonen austreibt, dem treibt man auch die Engel aus.“

Blaise Pascal (1623-1662) im Fragment 140: „Der Mensch ist weder Tier noch Engel, und das Unglück will, daß wer zum Engel werden will, zur Bestie wird.“

Gott führt uns bis zum Abgrund, um uns zu retten. Daher ist es wichtig, sich mit den Abgründen der eigenen Seele auseinanderzusetzen. Nur dann läßt sich der eigene Schatten akzeptieren und als Freund integrieren.