2.2.2021

Sprache ist ein Wissensspeicher

Wenn Sprache verlorengeht, verschwindet auch ein Wissensspeicher. Wenn indigenes Wissen über Pflanzen wieder nutzbar wird, kann es der pharmakologischen Forschung dienen.

Wenn „Einheitsstaaten Einheitssprachen“ einführen, sterben kleinere Sprachen aus. Diese Gedanken äußert der Sprachforscher Nikolaus Himmelmann unter anderen im Interview mit dem Politikredakteur Tim Niendorf in dessen Artikel „Sprachforscher im Gespräch – Eltern, sprecht mit euren Kindern!“ in der F.A.Z. vom 3. Dezember 2018 und kommt zu dem Schluß: „Es gibt aber viele Indizien dafür, dass eine gute Verankerung in der eigenen Kultur letztlich zu größerem Erfolg in der Mehrheitskultur beiträgt.“

In den Familien meiner Großeltern wurde Plattdeutsch gesprochen. Nach dem frühen Tod meiner Großmutter väterlicherseits kam eine Frau aus der Eifel in den Haushalt meines Großvaters. Seitdem sprach man dort kein Plattdeutsch mehr. Meine Mutter sprach noch Plattdeutsch, bis sie meinen Vater kennenlernte. Da wir in meiner Familie nur Hochdeutsch sprachen, mußte ich mir in der Maurerlehre das Plattdeutsch aneignen, um meine Kollegen zu verstehen. Das war besonders wichtig, wenn es um Anweisungen ging.

Es gibt viele Versuche, Sprachen aufzuzeichnen, indem man Audio- und Videoaufnahmen macht und diese transkribiert und übersetzt.

In seiner Rezension des Buches „The Power of the Written Tradition“ von Jack Goody (1919-2015) schrieb Johan Schloemann unter dem Titel „Analphabeten können nur Stille Post abschicken“ in der F.A.Z. vom 30. Mai 2000 unter anderem:
„Goody hat dieses Potenzial der Schrift am eigenen Leib erlebt. Als Feldforscher hat er bei einem schriftlosen Stamm in Nordghana eine rituelle Rezitation schriftlich festgehalten und publiziert. War der vorgetragene Mythos zuvor in recht unterschiedlichen Versionen aufgeführt worden, so bezog man sich mit der Zeit auf Goodys Text, was zu einer Vereinheitlichung der Fassungen führte. Der Forschungsbericht war zum heiligen Text geworden, die Verschriftung hatte eine vorher nicht vorhandene Orthodoxie generiert.“ Siehe auch Entwicklung von Sprache und Schrift.

In den einzelnen Sprachen gibt es in verschiedenen Bereichen ganz unterschiedliche Ausdrucksweisen. So haben die nördlichen Bereiche mehrere Worte für die Farbe Weiß. Während in den meisten indogermanischen Sprachen unter anderem eine klare Unterscheidung zwischen Blau und Grün getroffen wird, haben andere Sprachen nur ein einziges Wort für beide Farben, so zum Beispiel auf Papua-Neuguinea. Eine Bergbevölkerung auf der Malaiischen Halbinsel hat eine sehr fein differenzierte Terminologie für Gerüche.

Es gibt ein digitales Spracharchiv in Nijmegen und das Max-Planck-Sprachenarchiv wurde sogar in das „Memory of the World“-Register der UNESCO aufgenommen.