
18.7.2020
Streß – der Feind im eigenen Körper
Eine Frau will sich das Rauchen abgewöhnen. Wenn sie zum Beispiel Besuche bei ihren Kindern macht oder irgendetwas unternimmt, denkt sie nicht ans Rauchen. Sobald sie zu Hause ist und Streß hat, greift sie zur Zigarette. Sie meinte, wenn sie keine Zigaretten im Haus habe, könne sie das Rauchen aufgeben.
Ich versuchte, ihr klarzumachen, daß das Rauchen oder Nichtrauchen mit Streß zusammenhängt. Ihre Absicht müßte sein, nicht das Rauchen aufzugeben, sondern den Streß abzubauen.
Es geht darum, die innere Mitte und Wege zur Ruhe und Zufriedenheit zu finden. Ein wesentlicher Faktor für Streß liegt zum Beispiel darin begründet, daß man sich dem undurchsichtigen modernen Leben gegenüber orientierungslos, überfordert und ausgeliefert fühlt.
Die fortwährende Reaktion auf äußere Reize verursacht Streß als körperlichen Zustand. Viele Menschen glauben, sie müßten ständig erreichbar sein, und gelangen dadurch nicht selten an den Rand völliger Erschöpfung. Um dies zu verhindern, gilt es, rechtzeitig zum Beispiel durch Entspannungsübungen für das innere Gleichgewicht und die innere Ruhe zu sorgen. Als Königsweg der Entspannung gilt die Meditation.
Menschen, die meditieren, erleben, daß die Zeit stillsteht. Das zeitliche Nacheinander wird zum Nebeneinander, das räumliche Nebeneinander zum Ineinander, das Ineinander zum lebendigen Erlebnis einer Verschmelzung von Raum und Zeit.
Es wird intensiv geübt, ganz im Hier und Jetzt zu sein, ganz in dem, was man gerade tut. Nicht immer gelingt es, auch den Affenkäfig der Gedanken ruhigzustellen, beziehungsweise keinem Gedanken nachzugehen, sondern jeden kommenden Gedanken loszulassen, sobald man sich mit ihm beschäftigen will. Übende wissen, wie schwer das ist, aber auch wie beglückend, wenn es gelingt.
Die Gebärde, in der die Finger der Rechten in den Fingern der Linken ruhen oder umgekehrt, ist eine Gebärde des Sich-sammelns und der Hingabe sowie der Bereitschaft, sich beschenken zu lassen.
In der Meditation wird insbesondere geübt, Gefäß zu sein. Der Lotussitz und die als Schalen geöffneten Hände machen das Bild des sich zum Empfangen und zum Schenken öffnenden Gefäßes auch äußerlich sichtbar.
In einem Gebet der Töpfer von Taizé heißt es: „Herr, mache mich zu einer Schale, offen zum Geben – offen zum Nehmen, offen zum Geschenktwerden: Herr, mache mich zu einer Schale für dich, aus der du etwas nimmst, in die du etwas hineinlegen kannst. Wirst du bei mir etwas finden, was du nehmen könntest? Bin ich wertvoll genug, so daß du in mich etwas hineinlegen kannst? Herr, mache mich zu einer Schale für die Mitmenschen, offen für die Liebe, für das Schöne, das sie verschenken wollen.“