6.3.2019

Thema für die Fastenzeit – Österliche Bußzeit 2019

„Vom Baum des Paradieses kam der Tod, vom Baum des Kreuzes erstand das Leben.“

„Ich sehe Menschen; denn ich sehe etwas, das wie Bäume aussieht und umhergeht“ (Mk 8,24), sagt der Mann, den Jesus von seiner Blindheit heilt. Schon im Psalm 1 wird der Mensch mit einem Baum verglichen, der an Wasserbächen gepflanzt wurde (Ps 1,3). In unserer Zeit, da die Wälder sterben und in unverantwortlicher Weise gerodet werden, sollte uns bewußt sein, wie sehr der Baum mit unserem eigenen Schicksal verknüpft ist und als Zeichen in Tiefen und Höhen weist. Baum und Mensch haben vieles gemeinsam. Dieses kann bis zur völligen Identifizierung mit dem Baum gehen und in mythischen Vorstellungen in der Metamorphose münden. Ein beeindruckendes Beispiel dafür gibt die Geschichte von Philemon und Baucis.

Innerhalb der Pflanzenwelt stellt der Baum eine durch einen langen und schweren Aufstieg errungene Krönung dar, vergleichbar mit dem Menschen als Ziel und Krone der gesamten Schöpfung.

Zahlreiche Gegenstände und Lebewesen haben für uns symbolische Bedeutung. Doch nichts weist eine so zentrale und zugleich vielfältige Bedeutung auf wie der Baum. Er ist ein Ursymbol; denn er steht für Fruchtbarkeit und Wachstum und ist seit Urzeiten das Symbol des Lebens. Er verkörpert das Leben zwischen Erde und Himmel.

Die Werbung weist dem Baum immer eine positive Bedeutung zu: Gesundheit, Wachstum, Lebenskraft, Natürlichkeit, Verwurzeltsein und vieles mehr.

In biologischer Hinsicht ist der Baum ein sensibler Indikator. Die Botschaft der sterbenden Bäume sollte uns Anstoß sein, ein neues Selbstverständnis zu gewinnen, das anthropozentrische Weltbild zu überwinden und unsere Stellung im Kosmos in ihrer tatsächlichen Dimension zu erkennen.

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Vom Baum des Lebens und der Erkenntnis im Paradies (Gen 2,9) am Anfang der Heiligen Schrift bis zum Baum des Lebens (Offb 22,19) am Ende der Heiligen Schrift versinnbildlicht der Baum den Lebensweg des Menschen. Die Indianer nennen die Bäume ihre Brüder. Jeder Baum ist heute ein Baum des Lebens und der Erkenntnis. In jeden Baum rauscht der ewige Quell des Lebens, und jeder Baum predigt die ewigen Gesetze des Lebens.

Eine Legende erzählt, daß Adam bei der Vertreibung aus dem Paradies einen Zweig des Lebensbaumes mitnehmen durfte. Er pflanzte ihn ein, und es wuchs ein Baum heran; aus dessen Holz fertigte man sowohl die Krippe als auch das Kreuz.

Bilder des Baumes begleiten uns in dieser österlichen Bußzeit. Der Alltag erlaubt uns kaum oder nur selten, uns mit langen Texten zu beschäftigen oder längere Meditationszeiten einzulegen. Aber ein kleiner Impuls kann einem Tag Farbe verleihen. Mit Familienmitgliedern oder Freunden und Bekannten könnten wir darüber sprechen, welche Erfahrungen wir mit welchem Wort gemacht haben. Vielleicht finden wir nach dem Essen, gesättigt durch die Speise, einige Minuten, um in Ruhe darüber nachzudenken.