20.4.2023

„Über die Freude“

Auszüge aus dem gleichnamigen Artikel von Dr. phil. Irma Philipp Pierson:

Ohne Freude ist eine positive Lebensführung nicht möglich. Lebensbejahung, Lust am bloßen Dasein, wozu Freude geben und empfangen gehören, ist auch eine Frage der Lebenskunst und nicht zuletzt das Problem der Einstellung zum Leben mit seinen Höhen und Tiefen.

Den Lebenskampf zu bestehen, ohne in verzweifelten Situationen zu verzagen, ist immer ein wichtiges Thema von Philosophen, Dichtern und Religionsstiftern gewesen. Sie alle gelangten zu der Einsicht, daß zum Freuen keineswegs materielle Güter notwendig sind.

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Der heilige Augustinus [354-439] erkannte, daß sich die Seele von dem nährt, an dem sie sich freut. Voraussetzung dafür ist, daß man für das Schöne offen ist und trotz der Existenz des Bösen und Schlechten in der Welt sich im positiven Denken übt. Zweifellos liegt der Schlüssel zur Freude und zum Glück in uns selbst.

Für die Christenheit ist Jesus die personifizierte Freude. Die Botschaft des Osterfestes hat die Überwindung des Todes zum Inhalt, so daß Anlaß zu Hoffnung, Zuversicht und Freude besteht. Nach der christlichen Lehre ist Freude auch im Leid möglich.

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Freude bedeutet in jedem Fall immer Ruhe der Seele und Befreiung von Furcht. […] Freude ist für die Anhänger Epikurs [341-270 v. Chr. G.] „Anfang und Ziel glücklichen Lebens“. Sie gibt Kraft und wirkt wie ein Heilmittel. Freude besitzt die Eigenschaft, daß sie nur dann voll ausgekostet werden kann, wenn man bereit ist, sie mit anderen zu teilen.

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Jeder muß seine Freude an und im Leben selbst suchen und finden.

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Freude kann also auch als Mut und Freiheit zur selbstauferlegten Beschränkung verstanden werden.

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Freude bedeutet daneben auch, Verantwortung zu übernehmen, seine Talente zu entfalten und kreativ tätig zu sein. Ohne Geselligkeit und Gemeinschaft ist Freude ebenfalls unvollkommen. Das schließt nicht aus, daß stets ein gewisser unentbehrlicher Abstand eingehalten werden muß, den man auch im Tierreich kennt.

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Nicht unerwähnt bleiben dürfen die Freude am eigenen Ich und die Erkenntnis, daß Selbstbehauptung, Selbstfindung und Selbstbestimmung nicht nur wünschenswert sind, sondern absolut notwendig und berechtigt.