26.5.2021

Utopia

1516 schrieb der Londoner Bürger Thomas Morus (1478-1535) in lateinischer Sprache den Roman „Utopia“. Es ist der Entwurf für die Realisierung einer idealen Gesellschaft, die auf sozialer Gerechtigkeit für alle Menschen, dem Streben nach Bildung, gemeinschaftlichem Besitz und demokratischen Grundzügen beruht. Ist das möglich oder eher „Utopia“?

Der Titelholzschnitt der Ausgabe von 1516 zeigt eine Insel, deren Umriss einer Mondsichel ähnelt

Der Begriff Utopie setzt sich aus ou (nicht) und tópos (Ort) zusammen und bedeutet Nicht-Ort oder Nirgendwo.

Thomas Morus stellt der Realität eine die Schwächen der Realität aufdeckende und eine Alternative zur Realität anbietende Gegenwelt gegenüber und setzt damit das Vertrauen in die Fähigkeit der Menschen, die Welt vernünftig zu gestalten. Ähnlich wünschten es sich Francis Bacon (1561-1626) und Tommaso Campanella (1568-1639).

 

Francis Bacons Werk Nova Atlantis oder New Atlantis, deutsch Neu-Atlantis erschien 1627, ein Jahr nach seinem Tod, in neulateinischer Sprache.

Tommaso Campanella entwarf 1602 in La città del Sole oder Civitas solis, deutsch Der Sonnenstaat die Utopie eines von Zügen der spanischen Universalmonarchie, des Katholizismus, des Sozialismus und Anteilen aus der platonischen Staatsphilosophie geprägten Gemeinwesens.

Was ist bis heute daraus geworden?

Die an obigen Beispielen dargelegte Utopie ist eine von drei Formen, die Michael von Brück (* 1949) in seinem Buch „Weltinnenraum”: 142f. beschreibt.

Die erste Utopie nennt er die räumliche Utopie. Sie „verlegt das Heil in ein anderes schwer zugängliches Land, wie z. B. Atlantis”.

Die zweite bezeichnet er als zeitliche Utopie. Sie „verweist auf einen Zustand vor der Geschichte, das Paradies oder das goldene Zeitalter, also vor der Entzweiung in Möglichkeiten und Wirklichkeit, einen Einheitstraum ohne Zeit“.

In bezug auf die dritte formuliert er: „[…] die Bewusstseinsutopie, die Umkehr der Herzen, steht noch auf der Agenda.“ Gelebt und angekündigt hat sie unter anderen Jesus von Nazareth, als „letztes großes Versprechen der Religionen, das noch nicht wirklich eingelöst wurde“.