16.4.2021

„Viele Wege führen zu Gott, einer führt über die Berge“

 

 

Der ehemalige Innsbrucker Diözesanbischof Reinhold Stecher (1921-2013) war begeisterter Bergsteiger und überzeugt, daß von den vielen Wegen zu Gott einer über die Berge führt. Er hat es verstanden, die Berge und die religiösen Inhalte zu einer Botschaft zu verbinden. Berge waren für ihn Fenster zur Transzendenz.

 

 

„Die Berge schweigen - über einer lauten Welt,
die Berge ruhen - über einer hastenden Welt,
die Berge fordern - in einer verweichlichten Welt,
die Berge wärmen - in einer erkalteten Welt,
die Berge strahlen - über einer dunklen Welt.“

(Reinhold Stecher)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Berge haben eine andere Aussagekraft als Höhlen. Höhlen in Bergen bringen eine paradoxe Zusammenfassung von Tiefe und Höhe zum Ausdruck. Dem hl. Michael geweihte Kirchen stehen nicht selten auf einem Berg gleichen Namens wie dem St. Michael’s Mount in England oder befinden sich zum Beispiel im oberen Stockwerk eines Gebäudes wie die Michaelskapelle in Xanten.

Berge bilden die Vertikale zur Erde, sie sind dem Transzendenten näher als die Ebene. Sie sind Berührungspunkte zwischen Erde und Himmel. Der Wohnsitz der griechischen Götter war der Olymp. Zahlreiche Bibelzitate zeugen von der Anwesenheit Gottes auf einem Berg: „Ihr Gott ist ein Gott der Berge“ (1 Kön 20,23), „Auf dem Berge läßt sich der Herr sehen“ (Gen 22,14; vgl. Ex 3 u.19). Der Berg gilt als Mitte, als axis mundi = Weltachse. Wichtige Stationen im Leben Jesu finden auf einem Berg statt.

Der Berg ist die Gestalt gewordene Erwartung der Erde. Der Mensch setzt noch ein Gipfelkreuz darauf. Damit bringt er die Erfüllung der Erwartung von oben zum Ausdruck, vermittelt durch den Menschensohn. Dieser steht auf der Erde als Symbol dafür, daß der Himmel sich der Erde durch den Menschen vermittelt.

Berge in Wolken sind ein Bild für die Unzugänglichkeit des Hohen. Die Stufen der Kontemplation gleichen dem Ersteigen eines Berges.

Im Stein der Berge ruhen Schweigen und Unbeweglichkeit. Sie ver-berg-en ein Geheimnis. Sie sind ein Fertiges, ein Gewirktes, aber keine Wirk-lichkeit; denn das lebendig waltende Weltenwort ist in ihnen verstummt. Sie gleichen Gott in der tiefsten Weltentäußerung, in seiner Stummheit am Kreuz. Dennoch läßt die Erhabenheit der Bergwelt seine große Schöpferkraft erahnen.