
4.11.2020
„Von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen!“ (Gal 1,5)
Der Begriff Ewigkeit leitet sich ab von ēwa, ēwī (ahd.) = Gesetz; Ewigkeit. Noch im 16. Jh. betete man „von ewen zu ewen“. Ewigkeit existiert unabhängig von dem Phänomen Zeit; denn sie hat weder einen zeitlichen Anfang noch ein zeitliches Ende.
Durch Augustinus (354-439) hat der Begriff „Ewigkeit“ die Bedeutung der „Zeitlosigkeit“ angenommen. Er hatte bereits im 4. Jh. aus rein theologisch-philosophischen Erwägungen heraus die Idee vertreten, die Zeit sei nichts Ewiges, sondern zusammen mit der Welt entstanden.
Forscher halten es für möglich, daß der Urknall nur einer in einer unendlichen Folge von Urknallen ist. Sollte dem so sein, ließe sich die augenblickliche Expansionsphase als ein vermutlich noch einige Trillionen Jahre anhaltender vorübergehender Zustand ansehen, in dem alle Sterne erlöschen werden und alles Leben sterben wird sowie das Weltall zwar in sich zusammenstürzen, aber danach wieder expandieren wird. Aus diesem „Big Bang“ könnte dann neue Materie entstehen, die wiederum Galaxien, Welten für neues Leben und möglicherweise auch neue Zivilisationen gebiert.
Zeit ist eine der grundlegenden Erfahrungen der Menschheit. Sie entzieht sich jeder rationalen Erklärung. Dauert die Zeit ewig oder hat sie einen Anfang? Hat sie ein Ende? Was bedeutet die Trennung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft? Zeit ist eine Inkarnation der Transzendenz, eine Pause von der Ewigkeit.
Was legt fest, in welche Richtung sich Zukunft und Vergangenheit einordnen? Viele kulturelle Gepflogenheiten spielen dabei eine Rolle, zum Beispiel die Schreibrichtung. Für Menschen, die von links nach rechts schreiben, wie unter anderen die Europäer, fließt auch die Zeit in diese Richtung. Für Araber und Hebräer hingegen verläuft sie von rechts nach links, genau wie deren Schreibrichtung. Menschen nutzen räumliche Konzepte so, wie ihre Herkunft und ihr kulturelles Umfeld sie widerspiegeln. So malen zum Beispiel Europäer Zeitpfeile von links nach rechts, lassen vergangene Ereignisse „hinter sich“ und schauen „nach vorn“. Andere Kulturen beschreiben die Zeit räumlich auf andere Weise. Für die Aymara- und Quechua-Indianer in den Anden liegt die Zukunft hinten. Das Wort Zukunft heißt bei ihnen „qhipa = dahinter“. In der Vorstellung dieser Menschen befindet sich die Zukunft hinter ihnen und die Vergangenheit vor ihnen; denn das Vergangene ist bekannt und liegt klar sichtbar vor ihnen. Daher heißt die Vergangenheit in ihren Sprachen auch „nawpa = davor“.
Es ist eine Kunst der Natur, daß nicht alles gleichzeitig geschieht. Der Umgang mit Unendlichkeit und Ewigkeit überfordert den menschlichen Geist. Unendlichkeit ist schon ein Widerspruch in sich, da sich bereits der Begriff aus lauter Endlichkeiten zusammensetzt.
Heinz Reick:
Sprache und Unendlichkeit
Der Grenze zum ewig Unendlichen nähern sich alle Worte der Suchenden, bleiben in dieser versuchten Annäherung, geben manchmal eine Ahnung von Erfüllendem und werden von drüben mit Lichtworten durchwoben, weil umfassende Göttlichkeit sich der Suchenden erbarmt, ihnen so Trost schenkt und sie zum Trösten gnadenhaft beruft. Und wenn so Suchende dieses Gnadengeschenk nur dankbar und ohne Besitzanspruch annehmen, in geistiger Armut und in Sehnsucht nach dem Vollkommenen bleiben, kann in einem Jetzt des ewig Unaussprechlichen den Suchenden kurzes Finden geschenkt sein, weiter in beglückender Erinnerung dann all ihren Worten neues Licht geben, doch auch wieder an der Grenze zum ewig und unerreichbar absolut Unendlichen.
Wie eigenartig klingt das, wenn jemand mir sagt: „Das dauert ja ewig!“ Gemeint ist eine urlange Wartezeit mit entsprechender Frustration.