12.7.2022

Warum Krankheiten und Leid nicht zu vermeiden sind (II)

Nicht nur für uns Menschen, sondern für alle Lebewesen ist immerwährende Gesundheit nicht das Normale. Mit Ausnahme eineiiger Mehrlinge werden wir alle ungleich geboren. Es gibt für die Spezies Mensch keine genetisch definierbaren Normen, erst recht keinen Idealtyp und insofern auch keine „imaginierte“ reine Rasse.

Uns zeichnet vor anderen Lebewesen das Gehirn aus. Es kann durch Endogene das Empfinden von Schmerz fast völlig unterdrücken.

Edeltraut-Luise Marquard, Odo Marquard
Glück im Unglück: Philosophische Überlegungen
Verlag Wilhelm Fink, München 1995
ISBN: 978-3-7705-3065-6

Link zum Buch

 

In neun Aufsätzen geht es um die Verteidigung des Unvollkommenen. Ich persönlich habe mir angewöhnt, mit dem vollkommen Unvollkommenen zufrieden zu sein.

Es gibt nicht nur Glück trotz Unglück, sondern sogar Glück durch Unglück. Die Kirche spricht von der „Felix culpa – der glücklichmachenden Schuld“, weil dieser Erlösung verheißen ist. Friedrich Hölderlin (1770-1843) formuliert: „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“

Die Vorwegnahme des Verfalls in der Vorstellung und die Hoffnung auf Erlösung formen den Willen zum Leben und damit das Leben selbst. Auch im Alter lebt die Seele vom Sinn.

Leiden ist aber offensichtlich ein wesentliches Phänomen allen Seins: „Sunt lacrimae rerum – Die Dinge haben ihre Tränen“ (Vergil 70-19 v. Chr. G.).