
4.6.2021
Was ist der Anfang von allem?
Das erste Buch des Alten Testamentes beginnt mit den Worten: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“
Zu Beginn des Johannesevangeliums heißt es: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott.“
Gott ist alles und nichts. Für ihn gibt es keinen Anfang und kein Ende. Wir sollten den Versuch aufgeben, ihn zu verstehen. Gott als Person anzusehen, ist ein Hilfsmittel, ihn auf irgendeine Weise zu erfassen. Er ist das ALLEINE, das EINE, und es existiert nichts, was nicht in Verbindung mit diesem EINEN steht.
Laut dem Philosophen Plotin (205-270) verbreitet die Sonne Wärme, ohne dabei etwas von ihrer Substanz zu verlieren. So strahlt auch das EINE alles Bestehende aus. Diesen Vorgang nennt er Emanation, von emanatio (lat.) = Ausfließen, Ausströmen.
Die Ausstrahlung erfolgt stufenweise. Das am weitesten vom EINEN Entfernte ist die Materie. Je mehr sich der Mensch von den materiellen Dingen unabhängig macht und sich dem Geist zuwendet, desto näher kommt er dem ALLEINEN.
Die Schöpfung begann nicht mit dem Licht, sondern mit dem Dunkel (Gen 1,2). Das Leben stammt aus dem Dunkel. Aus der Dunkelheit erschafft Gott das Licht. In Psalm 139,11f heißt es: „Würde ich sagen: ,Finsternis soll mich bedecken, statt Licht soll Nacht mich umgeben‘, auch die Finsternis wäre für dich nicht finster, die Nacht würde leuchten wie der Tag, die Finsternis wäre wie Licht.“
Aber die Nacht ist keine sinnlose Dunkelheit, sondern ein Ort der Geborgenheit.
Lebenskunst besteht darin, Dunkelheiten auszuhalten und darauf zu vertrauen, daß das große Licht scheint, zu dem es kein Dunkel mehr gibt (vgl. Jes 9,1).