12.1.2019

Wasser und Taufe

In der Taufe geschieht eine ontologische Änderung, und das geht nicht ohne Sterben. Diesen Umbruch schafft das Wasser nicht aus sich, es bedarf der Mitwirkung des Heiligen Geistes (vgl. Joh 3,5; Mt 3,11; Gen 1).

Wenn die Schöpfung vollendet ist, wird es das Vernichtende des Wassers nicht mehr geben, wohl aber das Lebensspendende:

„Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde ... und das Meer ist nicht mehr.“ Apk 21,1

„Und er zeigte mir einen Strom, das Wasser des Lebens, klar wie Kristall; er fließt vom Thron Gottes und des Lammes her.“ Apk 22,1, vgl. Ez 47,1-12

Ein wichtiger Teil der Liturgie der Osternacht ist die Weihe des Taufwassers. Wasser bedeutet nur die Horizontale, in der Weihe kommt die Vertikale hinzu. Schon bei der Schöpfung schwebte der Geist über den Wassern, und nun wird das Wasser angehaucht und die Osterkerze in den Taufbrunnen eingesenkt. Früher diente es für alle Taufen im Kirchenjahr, und viele Christen haben es sich nach Hause geholt und ihre Weihwasserbecken damit gefüllt. Seit der Liturgiereform wird nur noch in der Osterzeit mit diesem Wasser getauft, anschließend wird es bei der Taufe jeweils neu geweiht. Das erste Sakrament, durch das ein Mensch Christ wird, ist die Taufe.

Beim Kontakt mit dem Wasser geht es um mehr als um eine Reinigung und Abwaschung. Durch die Taufe gelangt der Täufling in eine neue Seinsweise. Etwas Altes muß sterben, damit der neue Mensch in Christus leben kann. Die Handlung der Taufe bringt dies symbolkräftig zum Ausdruck: Das Eintauchen in das Wasser symbolisiert das Sterben, das Wiederauftauchen die Geburt zu neuem Leben und die Vereinigung mit Jesus Christus. So ist die Taufe zugleich ein Zeichen für den Tod und die Auferstehung Jesu Christi, mit dem wir in der Taufe zusammenwachsen. Der Abstieg in das Wasser symbolisiert ferner den Zweikampf mit dem Meerungeheuer. Ähnliches gibt es auch in anderen Initiationsriten. Dadurch, daß die Taufe heute nur noch durch Übergießen von etwas Taufwasser gespendet wird, ist das Zeichen sehr verkürzt. In der Taufe geschieht etwas, was derart an die Wurzel der menschlichen Existenz geht, daß es in die Dimension des Todes hinabreicht. Der symbolische Tod dient nicht allein der geistigen Vollendung dessen, der ihn durchmacht und damit Unsterblichkeit erringt, ein weiterer Aspekt ist die Verwirklichung durch den Dienst am Heil anderer Menschen.

Da es die Taufe als wirkliches Untertauchen gibt, führt die Santiago-Wallfahrt bis nach Finisterre, ans Ende der Welt, um nach dem Tauchbad im Meer wie neugeboren mit der Muschel heimzukehren.

Viele Menschen bekreuzigen sich jeden Morgen zur Erinnerung an ihre Taufe und als Hilfe zu bewußt christlichem Leben mit Weihwasser. Es ist ein schönes Zeichen, wenn eine Mutter ihre Kinder mit Weihwasser bekreuzigt, bevor diese zur Schule gehen. Auch wenn wir beim Betreten einer Kirche Weihwasser nehmen oder wenn der Priester hier und da am Beginn einer Meßfeier durch die Reihen der Mitfeiernden geht und diese mit Weihwasser besprengt, geschieht eine Erinnerung an die Taufe.

Bei Segnungen von Autos, Häusern und anderen Gegenständen mit Weihwasser kommt sinnfällig zum Ausdruck, daß Gottes Segen auf diesen Dingen ruht.

Wir erfahren oft die erfrischende und erneuernde Kraft des Wassers. Gott selbst kann uns eine solche Quelle sein.

Welche Freiheit haben wir durch die Taufe erfahren?