Weihnachten, 25. Dezember 2018

Altarretabel aus dem späten 13. Jahrhundert in der ehemaligen Zisterzienserabtei Fontenay (Burgund)

Offensichtlich sind Maria und Josef erschöpft von all dem, was hinter ihnen liegt: Der lange Weg nach Bethle­hem und die vergeb­liche Suche nach einer Herberge. So mußte Maria unbe­haust ihr Kind, das nun in einem Futter­trog liegt, zur Welt brin­gen. Ochs und Esel sind bei ihm, wäh­rend die Eltern schlafen. Ob sie vor­her ein Schlaf­lied für den neuen Erden­bürger gesungen haben?

Eine seltene Darstellung der Weihnachtskrippe steht uns vor Augen. Was mögen sich der Steinmetz oder auch seine Auftraggeber dabei gedacht haben? An was den­ken wir bei dieser Abbildung?

Schlaf ist ein Teil unseres Lebens und offensichtlich notwendig, wenn wir physisch und psychisch gesund bleiben wol­len. Schlafentzug dient sogar als Foltermethode.

Josef hat viele Anweisungen im Traum empfangen. Uns ist kein Wort von ihm über­liefert, wohl aber das, was aus den Aufforderungen im Traum folgte.

In Bezug auf Maria lesen wir in der Bibel: „Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen.“ (Lk 2,19)

Karl Rahner (1904-1984) formuliert in seinem Buch „Die Gabe der Weihnacht“ 15 Gedanken zur für uns kaum fassbaren Einbringung von Gottes Unendlichkeit in das neugeborene Kind in der Krippe:

„In diesem Kind bringt es Gott fertig, seine Unendlichkeit in ein so kleines Dasein hinein­zuzwängen. Dass Gott überall ganz sein kann, das mag dem metaphysischen Geist noch verhältnismäßig selbstverständlich erscheinen. Dass er aber sich mit sei­ner Unend­lich­keit selber dem kleinen Daseinsraum mitteilen könne, der wir sind, das ist das Wunder, dessen Möglichkeit uns letztlich doch nur das Kind in der Krippe an Weih­nach­ten verbürgt. Unser Dasein mag uns gewiss so eng vorkommen wie eine Krippe in einem Stall, langweilig, nicht sonderlich gut duftend, erstickend. Wir hätten wohl kaum den Mut der Hoffnung, da herauszukommen, wenn nicht Gott selbst in diesem Kind in diesen Stall hineingekommen wäre und so die schreckliche Frage, wie die un­end­liche Kreatur aus ihrer Enge herauskomme, eigentlich überholt hätte.“

Wie kommen wir aus unserer Enge heraus? Jesus hat langeJahre in der Enge von Nazareth gelebt. Bei einem Besuch mit seinen Eltern in Jerusalem befreit er sich aus dieser Enge. „Wußtet ihr nicht, daß ich in dem sein muß, was meines Vaters ist.“ (Lk 2,49) Später machte er sich als Wanderprediger auf den Weg. Noch heute zehren wir von seiner Botschaft. Könnten wir sie doch verstehen wie die Hirten und die Könige. Ich wünsche uns die Sehnsucht, welche die Könige auf den Weg trieb.

Du bist auf der Seite der Kleinen
Du, Gott! Ein Kind! Ein Kind in der Krippe! Du bist auf der Seite der Kleinen. Du ergreifst Partei für alle, die nicht angenommen werden. So laß mich Dich nicht in Glanz und Herrlichkeit suchen, sondern dort, wo die Kinder schreien, wo Mensch und Tier beisammen wohnen in den Höhlen und am Straßenrand. Gib mir die Einfachheit der Hirten und die Demut der Weisen, damit ich Dich erkenne als Kind in der Krippe heute. (Aus: Anton Rotzetter: Gott, der mich atmen läßt. Gebete, Freiburg i. Br. 1985)

Erfolg auf dem Weg aus der Enge in die Weite wünsche ich für das Christfest und das kommende Jahr 2019.

Siehe auch Wie Künstler Weihnachten sehen und darstellen".